Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 1. (Neue Folge, 1887)

Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. Eine Selbstbiographie

38 Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. .steinerne Brücke besetzt. Hauptmann Graf Hardegg, mit seiner Pionnier-Compagnie an der Spitze der Colonne, eilte im Laufschritte herbei und verhinderte die Sprengung, wodurch die Brücke gerettet wurde und zwölf Grenadier-Bataillone, welche über sie defilirten, Cassano besetzen konnten. Oberst Sommariva, mit dem ihm untergeordneten Lobkowitz- Chevauxlegers-Regiment, wurde noch am Abend nach Mailand vor­geschickt, theils um alle Unordnungen bei dem Abzüge der Fran­zosen zu hindern, theils um den Kosaken zuvorzukommen. Suworow wünschte, einer eigenen Eitelkeit zufolge, jede Stadt früher durch die Russen als durch die Oesterreicher besetzt zu sehen. Kaum hatte die österreichische Colonne den Marsch von Cassano nach Mailand angetreten, als längs derselben ein Pulk Kosaken vorübersprengte, welcher aber doch erst nach den Chevauxlegers in Mailand eintraf. Die Stadt Mailand war vom Feinde nicht, die Citadelle jedoch mit dreitausend Mann besetzt. Einer Brigade fiel die Cernirung dieses befestigten Punktes zu, die übrigen wurden einquartiert. Vor dem Einmärsche in die Stadt traf eine Deputation der Bevölkerung mit dem Erzbischof au der Spitze hei dem die Tete führenden Melas ein. Melas, obwohl lutherischen Glaubens, erbat für seine Colonne vom Erzbischof den Segen, welcher auch ertheilt ward und setzte hierauf den Marsch fort. Den Jubel der Einwohner beim Anblick der Colonne zu beschreiben, muss einer besseren Feder überlassen bleiben. Nur so viel: Mehr herzliches Entgegenkommen, mehr Händedrücke und häufigeres Abwischen des Schweisses von den Gesichtern der Grenadiere durch festlich Angezogene des schönen Geschlechtes und grössere Geld- und Weinspenden mögen wohl selten einer Truppe zu Theil geworden sein. Die Colonne mar- schirte eben auf dem Platze auf, als die Nachricht von dem Ein­langen Suworow’s eintraf, worauf Melas demselben im Galopp ent­gegeneilte. Bei der Begegnung ward Melas von Suworow angehalten, um den Hals gefasst und so heftig an sich gezogen, dass der Ge­neral vom Pferde herabglitt und auf den Füssen stehend umarmt wurde. Suworow ritt in seinem gewohnten Sommer-Anzuge, dem offenen Leibei, den Kantschu in der Hand, im Hundstrabe der 1 )omkirche zu, stieg dort vom Pferde, lief in die Kirche, warf sich vor dem Hochaltar auf die Erde und verrichtete mit ausgestreckten

Next

/
Oldalképek
Tartalom