Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1886)
Zwischen Donau und Elbe. Skizze der Kriegsbegebenheiten in Ostböhmen im XVIII. Jahrhundert
des Grossherzogs, dem Feldmarschall Prinzen Karl von Lothringen, verliehen und ihm den Feldmarschall Graf Königsegg als Beirath zugewiesen. Die Truppen wurden ergänzt, die ungarische Insurrection aufgeboten und trotz der Vorstellungen Khevenhiller’s 10.000 Mann seines Corps nach Böhmen gezogen. Wenn nun auch in Bayern in Folge dessen der Siegeslauf der österreichischen Waffen stockte, so erwartete man umsomehr von der Hauptarmee jetzt entscheidende Schläge. Mit schmerzlicher Ungeduld verlangte die Königin Thaten, aber es war eben nicht möglich, ihre eigene Thatkraft und die eigene Grösse auch Anderen einzuhauchen. Prinz Karl von Lothringen, ein ritterlicher Soldat, von glänzender Bravour im Gefechte, aber unentschlossen im Rathe, war nur zu geneigt, fremder Meinung zu folgen, und der alte, wohlwollende, behäbige Soldatenvater Königsegg liiess doch auch nicht umsonst im Volke der „General Rasttag“ *). Man konnte nicht einig werden, ob man gegen die Franzosen oder die Preussen sich wenden solle. Man hatte Bayern fallen lassen, um das Erstere zu thun; die Gefahr für Wien spracli für das Zweite. Das war es, worauf Friedrich II. sich bezieht, wenn er schreibt* 2): „In allen Kriegen, die man gegen das Haus Österreich unternimmt, muss man als Hauptziel vor Augen haben, das Kriegstheater an die Ufer der Donau zu verlegen. Wenn AVien ruft, wird alle AVelt zu Hilfe eilen, und dann hat man die Hände frei, sowohl in Böhmen, wie in Mähren.“ Prinz Karl gelangte zu keinem Entschlüsse, und ein endlich an die Königin vorgelegter Entwurf zu einer Offensive endet mit der Anfrage, was zu thun, wenn 3) „alss sich fügen dürfte, dass die französischen Truppen auf mich losgingen und mir zu einer Affaire Anlass gäbeten.“ Treffend übt die Königin in ihrer genialen Natürlichkeit ihre Kritik über diese Heerführung4). „Hier ist nicht viel zu tändeln,“ schreibt sie an Philipp Kinsky, „der gute Kriegs-Präsident ist langsam.“ Und indem sie ihre Feldherren aneifert, muss sie Sorge tragen, dass die wohlmeinende, aber schwerfällige Pedanterie ihres Hofkriegs- rathes ihre Befriedigung finde, und sie schreibt am 26. Januar 1742 an Karl von Lothringen5): „Je vous prie aussi tous les deux jours d’envoyer une rélation allemande pour nos vieux de la chancellerie“. Es musste wirklich aller Muth, wie alle Kraft und Einsicht von der Königin allein kommen6). „So ein gefährlicher Feind auch Frank*) Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, V,510, Podewils’sche Briefe. 2) Friedrich’s „Instruction für den Erbprinzen von Braunschweig“, 1779. 3) Kriegs-Archiv 1742; Fase. I, 53'/2. 4) Folkmann, „Die gefürstete Linie Kinsky“, 58. 5) Hofkriegsraths-Registratur 1742; Fase. I, 40. 6) Kriegs-Archiv 1742; Fase. III, Í.