Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1886)
Zwischen Donau und Elbe. Skizze der Kriegsbegebenheiten in Ostböhmen im XVIII. Jahrhundert
Die Einschliessung Prags wurde aufgegeben, Friedrich II. führte das intacte Belagerungs-Corps nach Dresden, der Bruder des Königs, Prinz August Wilhelm, die Trümmer der Bataillone von Kolin. Dieser Heertheil litt — zu lange über Friedrich’s II. Befehl in Böhmen zurückgehalten— auf dem Itückzuge noch grosse Verluste, während dem Könige nur einige leichte Truppen folgten, wenngleich, wie 1744, oft genug zu seiner Verzweiflung; an ihrer Spitze ein Croaten-Oberst von seltenem Talent und seltener Unermüdlichkeit. Friedrich II. spricht von ihm'): „Herr Laudon, an der Spitze von 2000 Panduren, hatte sich am Fusse des Bascopol2) postirt, von wo er die Hauptstrassen unsicher machte, die Detachements beunruhigte und seine wenig belangreichen Streiche ausführte.“ Und wie lästig sie ihm doch waren! Auf eine besorgte Anzeige des Oberst Fink aus Dresden, dass man dort den Anmarsch Laudon’s fürchte, schreibt der König3): „Der Oberst Laudon mit seinem Corps ist nicht dorten, sondern steht hier vor mir. Die charmanten Canaillen vom Bascopol haben solche amitié vor uns, dass sie mir nicht verlassen. Ich habe sie hier alle um und vor mir. Also wenn was nach Dresden kommt, so muss es ein anderes Geschmeiss von die Grasteufels seindt.“ Uber den verlustreichen Rückzug des Prinzen von Preussen, Friedrich’s Bruder, von Kolin und Zittau nach der Niederlage bei Kolin sagt Schöning4): „Der Prinz befand sich nach der Schlacht von Kolin in Böhmen an der Spitze der einen Hälfte der königlichen Armee nicht in einer selbständigen Stellung, vielmehr machte die grosse Nähe des Königs ihn von den königlichen Befehlen, die ihn in einem halben Tage, wiewohl durch feindliche Parteien erschwert, erreichen konnten, vollständig abhängig; so verlor der Prinz unter den Augen des Königs durch die Umgehung des Feldmarschalls Daun zuerst die Verbindung mit der Basis von Schlesien und ebenso die von Zittau, so dass dem Prinzen zur Erreichung dieses Punktes endlich nichts übrig blieb, als eine Traverse über den Kamm des Gebirges. Ein solcher Rückzug mit dem Tross einer damaligen Armee, harcelirt von den feindlichen Truppen und unternommen unter den eben gedachten Verhältnissen, gehört auf die Rechnung des Besiegten von Kolin und konnte nicht anders als mit grossen Verlusten verbunden sein; die Veranlassung zu all’ dem aber war, dass der König so lange als nur möglich mit der Armee in Böhmen bleiben und den Rückzug nach Sachsen so lange als irgend möglich hinausgeschoben wissen wollte.“ Mit dem Siegestage von Kolin hört Böhmen auf, der Schauplatz der grossen Kämpfe des siebenjährigen Krieges zu sein. Ihnen weiter ') Histoire-de la guerre de sept ans, Oeuvres posthumes, III, 179. Berlin 1788. 2) Sattel Paschkopole im böhmischen Mittelgebirge. 3) „Friedrich der Grosse von Kolin bis Rossbaeh und Leutlien“, Historische Abtheilung des grossen Generalstabes, 23. *) Schöning, „Der siebenjährige Krieg“, I, 207.