Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)

Hauptmann Duncker: Die Invasion Schlesiens durch die königlich preussischen Truppen im Monate December 1740

Die Invasion Schlesiens durch die k. preuss. Truppen im Monate December 1740. 25 genug von den Rüstungen und der Tragweite derselben unterrichtet gewesen wäre. Dass, als dazu noch Zeit war, unterlassen wurde, Gegenvor­kehrungen in grösserem Massstabe zu treffen, welche die Gefahr wohl nicht zu beschwören, jedoch einzudämmen vermocht hätten, ist eine schwere Schuld, die auf den Rathgebern der jungen Königin lastet und die diese selbst später als solche anerkannt und bezeichnet hat *). Die militärischen Verhältnisse in Schlesien von Mitte October bis Mitte December 1740. Schlesien, das in politischer Beziehung zu der böhmischen Länder­gruppe gehörte und dessen Landesregierung der böhmischen Hof­kanzlei in Wien unterstand, war beim Tode Kaiser Carl’s das militärisch am wenigsten gesicherte und geschützte Land des habsburgischen Be­sitzes. Die vielen zu Anfang des Jahrhunderts von den Armeen des Kaisers ausgefochtenen Kriege hatten sich auf ganz anderen Gefilden abgespielt und man hatte sich in Wien gewöhnt, dem Staate etwa drohende Gefahren am allerwenigsten in Schlesien zu erwarten. Die festen Plätze des Landes befanden sich in arg vernach­lässigtem Zustandes). Die zur Disposition stehenden wenigen Ingenieure waren in Folge der Gebrechlichkeit ihres hohen Alters zum Dienste untauglich, die Zeughäuser enthielten keine genügende Ausrüstung und das vorhandene Material war meist unzureichend oder in einem der Reparatur dringend bedürftigen Zustande. Das General-Militär-Commando in Schlesien* 2 3) führte seit dem Monate Juni 1740 FML. Graf Franz Wenzel Wallis 4) in Gross-Glogau. Das Glatzer Gebiet und die Festung gleichen Namens unterstand jedoch dem böhmischen General-Commando, mit welchem zu jener Zeit FZM. Carl Hermann Graf Ogilvy5) betraut war. Im Monate October 1740 befand sich nur ein einziges Regiment in Schlesien in Garnison, und zwar das Infanterie-Regiment Graf *) Vergleiche: „Zwei Denkschriften der Kaiserin Maria Theresia“, herausge­geben von A. Kitter von Arneth. Archiv für österreichische Geschichte, 47. Band, und Seite 66 dieser Studie. 2) Als solche kommen ausser Breslau, dessen Befestigungswerke zum grössten Theile noch aus dem XVI. Jahrhunderte herrührten, vor Allem Glogau, Brieg, Glatz, endlich das wegen der Communicationen mit Mähren und Böhmen sehr wichtige Neisse in Betracht. 3) Hofkriegsraths-Expedits-Protokoll und k. k. Hofkammer-Archiv; Acten: Gruppe Böhmen. 20. December 1740. *) Oberst am 15. Januar 1731, General-Feldwachtmeister am 3. Januar 1734, Feldmarscliall-Lieutenant am 31. März 1735, Feldzeugmeister am 27. Juni 1745, Feldmarschall am 30. Juni 1754, gestorben 1774. 5) Oberst am 23. Mai 1714, General-Feldwachtmeister am 31. October 1723, Feldmarschall-Lieutenant am 16. November 1733, Feldzeugmeister am 1. Mai 1735, Feldmarschall am 7. October 1745, gestorben 1751.

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