Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)

Hauptmann Duncker: Die Invasion Schlesiens durch die königlich preussischen Truppen im Monate December 1740

12 Die Invasion Schlesiens durch die k. preuss. Truppen im Monate December 1740. geweste Kayseri. Trcrappen, die für die erste in Europa gehalten wurden, verlohren bey Freund und Feinden den grösten Theil ihres ansehen, so mit dem Grafen Guido von Stahrenberg, und sonderlich mit dem Prinzen Eugenio abgestorben zu seyn Schienen: Complet waren Sie nicht ein Mal zur helffte: Niedergeschlagen waren selbe, und vor­nehmlich die Infanterie, und Mangleten durchaus von allen: ein grosser Theil von Hungarn nebst dem Banat, Siebenbürgen und Sclavonien warn von der leydigen Pest inficiret und die gränzen von allen Seiten offen: Nicht Mehr als etliche 1000 gulden waren allhier in denen Cassen: der inn- und ausländische Credit fast völlig zu Boden; Wenige Einigkeit Unter denen Stellen so Wohl als Ministern: Das Volck in der Haubt-Stadt Selbsten so Zaumlos alss Schwürrig und auf die nemliclie Art fast in denen Ländern. Mit einem Wort alles sache einem allgemeinem baldigen Verfall und Zerrüttung gleich *).“ Zutreffend ist diesfalls auch der Ausspruch Königs Friedrich II. von Preussen. Dieser schreibt: „L’Empereur étant mórt, l’Empire et la maison dAutriche sans chef, ses finances épuisées, son armée ruinée, ses provinces maltraitées par la guerre, la peste et la famine, aussi bien que les terribles charges qu’elles ont portées jusqu’ici2)“ und „la situation oü se trouvait la cour de Vienne aprés la mórt de l’empereur ótait toutefois mauvaise par le dérangement de ses finances, par Fépuisement de beaucoup de ressources et par le délabrement de l’armée, a laquelle manquaient septante miile hommes“ 3). Ebenso wie die militärischen Verhältnisse gewährte auch der politische Horizont in jenen trüben Herbsttagen den leitenden Staats­männern Österreichs keinen heiteren Ausblick. Von den Seemächten hatte man wohl kein Entgegentreten wider die Bestimmungen der pragmatischen Sanction zu befürchten. Spaniens bourbonischer Hof strebte jedoch nach der Verdrängung Österreichs aus dessen italienischen Besitzungen; auch Sardinien blickte auf die Lombardié; Frankreich, auf dessen Beistand man in Wien — in verhängnissvoller Täuschung befangen — zuversichtlich baute, trat sehr bald auf die Seite der Gegner Österreichs. Im Norden und Osten Europa’s befand sich Schweden ebenso im Niedergange, als Russland im Aufsteigen. Der Pforte war man nicht sicher, sie konnte den Tod des Kaisers als Anlass benützen, den Belgrader Frieden zu brechen. Man wusste endlich in Wien, dass bei dem Churfürsten Cail Albert von Bayern die bestimmte Absicht bestand, sein vermeintliches Erbrecht auf die ') Zwei Denkschriften der Kaiserin Maria Theresia, herausgegeben von A. Ritter v. Arneth. „Archiv für österreichische Geschichte.“ 47. Band, Seite 327. 2) Politische Correspondenz I. Band, Seite 88. „An conseiller privé des finances de Borcke ä Vienne. Berlin, 5. Novembre 1740. 3) Histoire de mon temps, ed. Posner, Seite 215. Publicationen aus den königl. preussischen Staats-Archiven, 4. Band. Leipzig 1879.

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