Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1884)
Major Edlen von Angeli: 1812. Die Theilnahme des k. k. österreichischen Auxiliar-Corps unter Commando des G. d. C. (später Feldmarschalls) Fürsten Carl zu Schwareznberg im Feldzuge Napoleon I. gegen Russland
so stark, dass sich Tormasof auch ohne Verstärkungen in bedeutendem Vortheile dem Angreifer gegenüber befand. Jeder der Übergänge über den Styr, die übrigens, bis auf jenen bei Krasnoe unweit Luck, vom Feinde gründlich zerstört worden waren, bildete mit den Dämmen, die durch die Moräste zu den Brücken führten, ein 800 bis 1500 Schritte langes Defilé, welches sich am jenseitigen Ufer in gleicher Weise fortsetzte und durch gut vorbereitete Verschanzungen vertheidigt wurde. Wäre nun auch der Styr mit den grössten Opfern forcirt worden, so fand der Gegner hinter dem Goryn, Slucz und anderen Flüssen gleich günstige Vertlieidigungslinien, die den Angriff ebenso schwierig machten, als sich bei weiterem Vordringen die Bedingungen für einen eventuellen Rückzug stetig verschlimmerten. Bei der Isolirtheit des österreichisch-sächsischen Corps, die jede Unterstützung von aussen her ausschloss, und der Überlegenheit der feindlichen Reiterei, durfte sich Fürst Schwarzenberg einem Echec umsoweniger aussetzen, als ein Rückzug nach Galizien aus politischen Gründen von selbst ausgeschlossen war, anderseits aber seine Hauptaufgabe nach wie vor darin bestand, die rechte Flanke der „grossen Armee“ zu sichern. In Übereinstimmung mit General Reynier beschloss der Fürst daher, sich darauf zu beschränken, den Gegner zu beobachten und ihn durch fortwährende Bewegungen solcher Art im Schach zu halten, dass er nicht versuchen konnte, Verstärkungen zur Armee nach Russland zu schicken. Diese Massnahmen hatten insofern Erfolg, als sich die ganze Donau-Armee gegen das österreichisch-sächsische Corps wandte. In rascher Folge trafen die Divisionen Tschitschagofs am Styr ein und concentrirten sich am linken Flügel Tormasof’s; einzelne Posten des Auxiliar-Corps wurden überfallen und General Zapolski bemächtigte sich der Brücke über die Jaselda bei Prewosz zwischen Pinsk und Logizsyn. Ein Detachement von zwei und einer halben Compagnie, einer halben Escadron Huszárén und einer Kanone, welche General-Major Mohr zur Wiedereroberung dieser Brücke entsandte, wurde nach mehrstündiger Gegenwehr gefangen, so dass die Verbindung mit Wilna und Minsk ernstlich bedroht war. Dem energischen Vorgehen des General- Majors Mohr, der vom Hauptcorps durch zwei Escadronen unterstützt wurde, gelang es zwar, den Gegner zum Rückzuge bis hinter denPripjet zu nöthigen, allein die unverkennbare Absicht des Gegners, die Offensive zu ergreifen, konnte nicht mehr bezweifelt werden. Forcirte Rocogno- scirungen, welche nebst anderen Zusammenstössen am 19. September zu einem grösseren Gefechte bei Gnidawa führten, zeigten diebedeutende Überlegenheit des Gegners, besonders an irregulärer Reiterei, die, in Folge der Nachlässigkeit der Polen, in der'Nacht auf den 21. sogar einen gelungenen Übei’fall auf das Lager bei N e s w i z ‘) ausführte. ’) Nicht zu Verwechseln mit Neswiz, an (1er Strasse Slonim-Minsk.