Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
90 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. von Preussen das seinige zum Theile in Sachsen verzehren und dieses Kurfürstenthum dessenungeachtet zu Grunde richten. Diese Erwägungen dürften es sein, welche nach der Meinung Josef II. die Feinde nöthigen, das Unmögliche zu versuchen und einen raschen Friedensschluss herbeizuführen. “ „Es sei gewiss, dass dasjenige unserem Interesse am angemessensten erscheine, was dem gemeinsamen Interesse unserer Feinde entgegen sei. Wenn die Kaiserin Maria Theresia nichts überstürze und Russland nicht herausfordere, sondern wenn sie im Gegentheile dieser Macht dadurch schmeichle, dass sie Unterhandlungen anknüpfe, deren Fortsetzung und Beendigung sich nur in die Länge ziehen können, wären unsere Feinde gezwungen, alle zuvor erwähnten Ausgaben zu machen. Demzufolge würden sie in ihren Propositionen viel nachgiebiger werden und den Frieden unter ganz anderen Bedingungen zum Abschlüsse bringen lassen etc.“ Diese Vorstellungen des Kaisers fanden bei Maria Theresia keinen Eingang; am meisten war sie gegen den Rath, die Unterhandlung absichtlich in die Länge zu ziehen, eingenommen. „Ein rasches Ende thut allein Noth,“ schrieb sie dem Staatskanzler. Einen Doppelkrieg gegen Preussen und Russland zu führen, hielt die Kaiserin Österreich für zu schwach, deswegen erhoffte sie von dem Zusammentreten eines Congresses unter der Vermittlung der Höfe von Versailles und Petersburg die Beilegung der Streitigkeiten. Kaiser Josef erklärte sich aber gegen einen Congress, weil er besorgte, dass von einer solchen Versammlung manche widerwärtige und unerträgliche Forderungen gestellt werden könnten. Er trat daher mit dem Vorschläge hervor, Bayern gänzlich zu räumen und gleichzeitig dem Reichstage in Regensburg sowie dem französischen und russischen Cabinete zu erklären, Österreich wolle dem Kurfürsten Karl Theodor Alles ohne Bedingung zurückstellen, verlange aber dafür von den vermittelnden Mächten, die Einstellung der Feindseligkeiten zu erwirken. Andere Vorschläge des Kaisers lauteten dahin, die Vermittlung anzunehmen, ein Ultimatum zu stellen, die Frage der Entscheidung dem Reichstage zu übertragen und durch die Vermittler einen Waffenstillstand oder Frieden zwischen Österreich und Preussen zum Abschluss zu bringen. Vielleicht, bemerkte Josef II. nebstbei, könnte die ganze Sache auch durch einen Austausch der Niederlande gegen Bayern geordnet werden. Diese Vorschläge, schreibt der Kaiser endlich aus Freudenthal 16. November an die Kaiserin, seien keineswegs das Zweck- mässigste und Wünschenswertheste, was er zu erreichen anstrebe. Ginge es nach seinem Willen, so würde er sagen: „Ich besitze Bayern von Rechtswegen und durch Abtretung; man nehme mir es, ich werde mich vertheidigen.“ Er bekenne offen, dass er in seinen Vorschlägen gegen sich und seine Neigungen gesprochen habe. „Aber, wie er die