Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 91 Dinge betrachte, sei nichts weiter zu machen. Er halte sich um so mehr verpflichtet, dies zu sagen, als eine recht unparteiische Prüfung ergebe, dass der Krieg nicht sowohl der Monarchie gelte, als ihm persönlich.“ Inzwischen waren Mitte November Depeschen aus Petersburg angelangt, welche eine Mediation in Antrag brachten. Fürst Repnin sei nach Berlin, Fürst Barjatinsky nach Paris entsendet worden, um dort die Zustimmung, hier die Mitwirkung zu erlangen. Auf Grund dieser Berichte und der Anträge des Kaisers machte Fürst Kaunitz am 18. November den Vorschlag: eine neue Convention mit Kurpfalz zu schliessen, den in Besitz genommenen Antheil von Bayern zu räumen, dem Reichstage die Mittheilung zu machen, dass man Alles in den Stand gesetzt, wie man es beim Tode des verstorbenen Kurfürsten vorge­funden habe und daher bereit sei, sich der Entscheidung des Reiches zu fügen, das zugleich in Erwägung ziehen sollte, welche Mass­nahmen bezüglich der Succession Brandenburgs in den fränkischen Markgrafthümern zu ergreifen wären. Maria Theresia entschied gegen diesen Vorschlag des Staats­kanzlers; sie wollte Bayern ohne jedes Übereinkommen räumen und die brandenburgische Erbfolge gar nicht erwähnen. Sei dessen­ungeachtet der Friede nicht wieder herzustellen, dann erst wäre auf einen Congress einzugehen, weil wegen der ausserordentlichen fűi­den nächsten Feldzug zu treffenden Vorkehrungen kein Tag zu ver­lieren sei. Am 23. November traf Kaiser Josef von der Armee in Wien ein und ertheilte obigen Vorschlägen seine Zustimmung, welche sodann durch Couriere nach Paris und Petersburg abgeschickt wurden. Kaiserin Maria Theresia richtete eigenhändige Schreiben an Katharina und ihren Schwiegersohn. In dem Briefe an Erstere sprach sie sich über die Wahl der zur Herstellung des Friedens führenden Mittel nicht aus, in dem Schreiben an Ludwig XVI. erörterte sie die Art und Weise, wie sie den Vorgang wünschte. Zur Ergänzung der österreichischen Vorschläge gab Fürst Kaunitz dem französischen Gesandten in Wien, v. Breteuil, die Erklärung, Österreich könne auf einen Austausch der Ansbach-Bayreuthischen Lande nicht eingehen, sondern beanspruche für den Fall ihrer Vereinigung mit Preussen ein entsprechendes Äquivalent. Anbelangend die Erbschaft in Bayern, wolle man sich mit jenem Landstrich begnügen, den der König von Preussen am 28. Juli Österreich zugestanden. Bei dieser Er­klärung ging der Staatskanzler von der Ansicht aus, dass Friedrich II. selbst den Frieden sehnsuchtsvoll herbeiwünsche und deshalb günstigen Bedingungen zugänglich sein werde. Sachsen sei nicht im Stande, einen Feldzug noch auszuhalten, auch habe der König keine Hoffnung, vermittels der Waffen entscheidende Erfolge zu erringen, um dadurch

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