Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 89 „So wenig Interesse auch Russland haben könne, den Krieg zu erklären, so könne doch die Ambition und der Ruhm der Kaiserin Katharina sich dadurch geschmeichelt fühlen, dass sie den Wiener Hof zum Frieden zwinge und nach ihrem Ausspruche, vermittelst einer einfachen Declaration oder einiger Demonstrationen, die Angelegenheiten Deutschlands ordne.“ „Wenn der König von Preussen und der Kurfürst von Sachsen der effectiven Unterstützung Russlands versichert wären und denselben bei Eröffnung des Feldzuges ein Corps von 30.000 Russen zur Verfügung stünde, dann läge es in ihrem Interesse, dies als Geheimniss zu behandeln, es nicht weiter zu verbreiten und sich in ganz Europa damit zu rühmen, wie sie es thun. Bei Geheimhaltung würde diese unerwartete Hilfeleistung Russlands gewiss alle politischen und militärischen Massnahmen Österreichs in Verwirrung bringen, währenddem sie, fünf Monate im vorhinein verkündigt, es in den Stand setzen, Gegenmassnahmen zu ergreifen, sich mit der Türkei, Frankreich, Polen und Schweden einzuvernehmen und andere ähnliche Verfügungen zu treffen, die dem gemeinsamen Interesse der Verbündeten nicht zuträglich sein können.“ „Wahrscheinlich erscheine es, dass die Alliirten durch Ankündigung der russischen Beihilfe uns zu einem Frieden zwingen und dessen Abschluss beschleunigen wollten, weil sie in Kenntniss des Wunsches Ihrer Maj estät der Kaiserin Maria Theresia sich befänden; ein solcher beschleunigter Friede könnte nur zu grossem Nachtheile der Convenienz, besonders aber des politischen Ansehens der Monarchie ausschlagen.“ „Es geschähe aber vielleicht auch darum, weil Sachsen ganz zu Grunde gerichtet würde, wenn es den Verpflegsbedarf und Unterhalt für die preussisclic Armee über den ganzen Winter liefern und die Magazine für den nächsten Feldzug anlegen und füllen müsste. In demselben Zustande der Bedrängniss befände sich auch das verarmte Schlesien und der König wäre gezwungen, ungeheuere Geldsummen auszugeben, um nur zum Theile Sachsen zu entschädigen, seinen ganzen Artillerie-Train zu bespannen und die Cavallerie zu remontiren, die in dem letzten Feldzuge hart mitgenommen wurden. Endlich dürfte der König auch eingesehen haben, dass die k. k. Armee im nächsten Feldzuge die Stärke von 200.000 Mann streitbar überschreiten, mit allem Nothwendigen versehen, Positionen besetzen würde, in denen sie sich befestigt. Dies würde den Feind ausser Stand setzen, in Böhmen und Mähren einzudringen, ohne sofort in vorbereiteten und für uns vortheilhaften Stellungen Schlachten zu liefern. Sollte er die mindeste Schlappe erleiden, so würde Sachsen das Opfer davon sein. Könnten die Verbündeten aber nicht offensiv verfahren und müssten sie blos die Grenzen von Schlesien und Sachsen gegen unsere Angriffe decken, dann würden wir unser Geld im eigenen Lande, der König