Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

52 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. Abzug des preussisch-sächsischen Heeres aus Böhmen. Friedrich II. hatte schon am 27. August die Überzeugung gewonnen, dass die von ihm gegen das Ursprungsgebiet der Elbe, behufs Umgehung des linken Flügels der Armee unter dem Ober­befehl des Kaisers, unternommene grosse Offensivbewegung unaus­führbar sei, indem die engen Defiléen des Biesengebirges höchstens für Infanterie zugänglich waren. Der Zug in das Riesengebirge, ohne hinreichende Fürsorge für die Verpflegung in’s Werk gesetzt, liess die Truppen in einen bedauerlichen Zustand gerathen. Die Cavallerie-, Artillerie- und Trainpferde, welche seit acht Tagen der Fourage ent­behrten, gingen massenhaft zu Grunde. Gegen Ende August zählte die Armee des Königs schon 12.000 Kranke, wovon 8000 allein in den überfüllten Spitälern von Glatz lagen. Man schätzte den Verlust des Heeres während der letzten zwei Monate in Böhmen durch Krank­heiten und Desertion auf mehr als 14.000 Mann, und die Truppen klagten laut über ihr Elend. Nach den bei Bischitz, vor Melnik, und bei Budin durch Truppen der Generale Fürst Liechtenstein und v. Sauer gelieferten Gefechten und hiedurch zum Stehen gebrachten Demonstrationen des Feindes, hatte auch Prinz Heinrich alle ferneren Unternehmungen gegen die Armee des Feldmarschalls v. Loudon aufgegeben und gleichzeitig auf jede Hoffnung verzichtet, die Vereinigung mit der Armee des Königs erzwingen zu können. Schon einige Tage früher hatte Friedrich II. die Eventualität in’s Auge gefasst, dass die II. Armee den Rückzug antreten könnte, denn er schreibt am 17. August dem Prinzen: Er möge Geduld haben und nicht auf den Rückzug denken, bis er die Gegend bei Hoken- elbe recognoscirt und seine Massnahmen genommen habe. Sollte in­dessen dem Prinzen die Subsistenz ausgehen, so wäre der Marsch über Leitmeritz einem Rückzuge durch die Lausitz in jeder Beziehung vorzuziehen. Am 24. August übersandte Prinz Heinrich dem Könige ein Schreiben der Kaiserin Katharina von Russland ddo. 13. August, worin sie ihm zu dem neuerworbenen Ruhme beglückwünschte und treuer Anhänglichkeit und Freundschaft für Preussen versicherte. Bei diesem Anlasse bemerkte der Prinz, dass die von der I. Armee beabsichtigte Unternehmung auf Hohenelbe, im Falle ihres Gelingens, den gemein­samen Angelegenheiten eine ganz andere Wendung geben würde. Er selbst könnte sich nur bis zum 6. September in der Stellung bei Niemes halten. Der Rückzug sei daher entschieden, aber demjenigen preussischen Heere, welches diese Bewegung zuletzt antreten sollte, dürfte vom Feinde übel mitgespielt werden; aus diesem Grunde wäre der Rückmarsch gemeinschaftlich anzutreten.

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