Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Der Entsatz von Wien
271 an den König, nicht nur, um die Zusammenkunft zu vereinbaren, sondern auch um die ceremoniellen Schwierigkeiten einigermassen zu beheben, welche bei einer Begegnung des deutschen Kaisers mit einem auswärtigen Könige, vor den gleichberechtigten Kurfürsten, unausweichlich waren. Sobieski vereinbarte mit dem Abgesandten, welcher im Interesse der Sache ziemliche Zugeständnisse machte, dass er dem Kaiser entgegenreiten werde, sobald er sich dem polnischen Heere nähere, worauf sie sich zu Pferde grtissen würden; er auf der Seite seiner Armee und begleitet vom Prinzen Jacob und den vornehmsten Edelleuten, der Kaiser auf Seite seiner Truppen und seiner Hauptstadt und begleitet von den Kurfürsten. Am 15. September Voi’mittags fand unweit Schwechat die später so vielfach commentirte Begegnung Kaiser Leopold’s I. mit dem Könige Johann Sobieski statt. Vorher hatte der Kaiser die Parade bei den deutschen Truppen abgenommen, welche von Simmering bis Kaiser-Ebersdorf standen, und dem Kurfürsten von Bayern für den Empfang gedankt. Dann ritt der Kaiser mit einem zahlreichen Gefolge gegen Schwechat. Sobieski eilte ihm entgegen '), beide Kegenten begrüssten sich feierlich mit abgenom- mener Kopfbedeckung, und besprachen sich in lateinischer Sprache. Der Kaiser drückte in warmen Worten seinen Dank für die Kettung der Christenheit aus. Sobieski sagte, Gott allein gebühre der Dank, er habe nur seine Pflicht als Christ erfüllt. Hierauf stellte der König seinen Sohn Jacob dem Kaiser vor, und ritt hierauf, ohne demselben seine Truppen vorzuführen, in’s Lager zurück. Die Ursache dieses befremdlichen Verfahrens lag in dem unterlassenen Gegengrusse des Kaisers, als ihm Prinz Jacob vorgestellt wurde. Sobieski wusste nicht, dass der Kaiser selbst vor den Kurfürsten nicht den Hut abnahm, daher um so weniger vor einem fremden Prinzen, der im Range weit unter diesen stand* 2). ’) Ein vierzehn Enas hoher, auf vier Kugeln ruhender Obelisk: „Kugelkreuz“ genannt, mit entsprechender Inschrift nächst Schwechat, an der Strasse nach Pressburg, bezeichnet noch heute die Stelle dieser merkwürdigen Begegnung. 2) Näheres über diese Zusammenkunft findet sich im k. k. Kriegs-Archive 1683, Fase. 13, Nr. 15, Vaelkeren S. 99, Huhn S. 233, Salvandy S. 55, Salvandy, „Polen und König Johann Sobieski“, Stuttgart 1829, 3. Band, 10. Buch, S. 94 u. ff. (polnisch gefärbt), Camesina S. 82—85, 117, Majlath 4. Band, S. 192 u. ff,, K. A. Menzel, „Neuere Geschichte der Deutschen“, 9. Band, S. 127 u. ff., „Die Heimat“, illustrirtes Familienblatt“, Wien 1877, Nr. 12: Kaiser Leopold I. und König Johann Sobieski {Ein historischer Irrtlium) von J. Dietrich, Onno Klopp S. 319 u. ff. etc. etc.