Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Der Entsatz von Wien
272 Kaiser Leopold, dessen Güte die Unhöflichkeit des Polenkönigs bald überwand, besichtigte nun das polnische Heer, das ihm vom Gross-Kronfeldherrn Jablonowski vorgeführt wurde, und wobei 24 ausgesuchte Lanzenreiter das Schauspiel einer gegenseitigen Attaké nach polnischem Kriegsgebrauche boten'), und kehrte hierauf nach Wien zurück. Die glückliche Stimmung, welche die Rettung Wiens in dem dankbaren Leopold hervorgerufen, Hess keinerlei Groll gegen Sobieski auf- kommen, der doch schon mehrmals und zuletzt durch den feierlichen Einzug in Wien die Gefühle des Kaisers verletzt hatte. Hingegen bemächtigte sich des Königs von Polen seit dieser Zusammenkunft eine Missstimmung, die sich oft in seinen Privatbriefen Luft machte. Er beschwerte sich darin nicht nur über den Kaiser, sondern auch über den Herzog von Lothringen, der nicht für die Polen sorge, über den FZM. Graf Starhemberg, welcher die polnischen Soldaten nicht in Wien eintreten lasse, und über den Cardinal-Nuntius Buonavisi, der die von Papst Innocenz XI. angewiesenen Gelder für den Unterhalt seiner Truppen nicht flüssig mache. Die Schwierigkeiten, welche sich bald darauf wegen Fortführung des Krieges ergaben, entsprangen zumeist aus dieser vermeintlichen Zurücksetzung, welche der Polenkönig nicht vergessen konnte. Die in Wien herrschende Ruhr hatte nun bei der ungehinderten Zufuhr von frischem Fleisch und sonstigen Lebensmitteln rasch ihren tödtlichen Charakter verloren, doch behauptete sie sich nebst Fieberanfällen und Ausschlägen noch einige Zeit im Weichbild« der Stadt, deren gründliche Reinigung nur nach und nach erfolgen konnte. Die Spitäler waren aber überfüllt, denn zu den Verwundeten und Kranken, welche die Belagerung hinterlassen, traten nun zahlreiche Verwundete der alliirten Armee, welche grösstentheils in die Stadt gebracht wurden. Das Deputirten-Collegium verfügte deshalb am 22. September, dass die in der Stadt befindlichen 3500 Kranken und Verwundeten, soferne sie transportabel waren, theils in ihre vom Kriege nicht berührten Regiments - Quartiere, theils, und zwar gegen 2000, in gewisse von Bischof Kollonits zu nennende Orte in Xieder-Ungarn, welche dem Tököly bisher gehuldigt, überführt würdena). Türkische Gefangene mussten das Lager und das Schlachtfeld aufräumen; die Leichen der 1 2 1) K. k. Kriegs-Archiv 1683; Fase. 18, Nr. 15. 2) Registratur des k. k. Reichs-Kriegsministeriums. Monat September.