Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens

213 In den Graben hat der Feind noch zwei Abfahrten gemacht, die eine gegen die Löbel-, die andere gegen die Burg-Bastion, von wo ihn die Unseren mit grosser Tapferkeit am hellen Tage vertrieben, sehr unterstützt durch das zwei Stunden hindurch gegen die Türken unterhaltene Feuer. Andere Leute verschütteten in der Zwischenzeit die feindlichen Arbeiten und verbrannten die Schanzkörbe und Galerien, dergestalt, dass die Türken hier ganz von Neuem anfangen müssen. Allein, gnädigster Herr, es ist Zeit, uns zu Hilfe zu kommen, wir verlieren viele Leute und viele Officiere, mehr durch die Ruhr, als durch das feindliche Feuer, weil alle Tage 60 Personen an dieser Krankheit sterben. Wir haben keine Granaten mehr, bisher unser bestes Vertheidi- gungsmittel; unsere Geschütze sind tlieils durch den Feind demontirt worden, theils zersprungen, ohne dass man 50 Schuss aus ihnen gethan hätte, in Folge des schlechten Materials, das man dem Giesser ge­geben. Der Feind, welcher einsieht, dass er mit wenig Mannschaft sich nicht im Graben festsetzen kann, errichtet grosse Logements in der Contrescarpe, um viele Leute gleichzeitig bei der Hand zu haben, und dann Ausserordentliches zu leisten. Übrigens ist es sicher, dass der Feind bereits viele Janitscharen verloren hat und täglich noch verliert, dass er viele Verwundete und Kranke besitzt, letztere mit demselben Übel, welches bei uns wüthet. Die Türken haben verschiedene, ziemlich weit von einander ent­fernte Lager, und werden sicherlich geschlagen, wenn sie Eure Hoheit hier erwarten, was ich aber kaum glaube, dass sie thun werden. Sie zählen gegenwärtig kaum 60.000 Waffenfähige und ein Lager kann geschlagen sein, ehe das andere zu Hilfe eilt. Wir erwarten daher die Ankunft Eurer Hoheit mit einer ausserordentlichen Ungeduld, und ich nicht so sehr, um von der Belagerung befreit zu sein, als um die Ehre zu haben, Ihnen meine Ehrerbietung ............ Starhemb erg. P. S. In diesem Augenblicke melden mir meine Mineurs von der Burg-Bastion, dass sie den Feind bereits unter ihren Füssen arbeiten hören; es scheint, dass die Türken den Graben unterirdisch passirt haben, und es ist demnach keine Zeit zu verlieren *).“ Merkwürdigerweise hatte Kara Mustapha am gleichen Tage, in Folge der Nachricht von der Sammlung eines Entsatzheeres, Tüköly, ') K, k. Kriegs-Archiv. Abschrift aus dem grossherzoglich badischen Haus- Archive zu Carlsruhe.

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