Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
44 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. marschall Loudon bestimmt, folgenden Bericht ddo. Münchengrätz, 10. August, dem Kaiser zu erstatten: „Gestern habe ich unmöglich Euer Majestät meinen allergehorsamsten Bericht unterlegen können, indem die Rapports und Nachrichten so widersprechend einliefen, dass ich unumgänglich erst die Bestätigung des einen oder anderen vorher erwarten musste. „Nunmehr sind Alle dahin einig, dass Prinz Heinrich mit seiner Armee aufgebrochen und nach Niemes marschirt, auch allda sein Quartier genommen habe, ein anderes Corps aber bei Neuschloss stehe, und die Avantgarde der Armee bis Böhmisch-Aicha vorgerückt sei. Es ist also zu vermuthen, dass selber in drei Colonnen anrücken und mich in beide Flanken zu nehmen suchen werde. Nun ist der Posten bei Turnau zwar so beschaffen, dass ein Feind allda schwerlich durchdringen kann; nachdem aber solches zwischen mir und Turnau ganz leicht geschehen könnte, so würden dadurch auch die acht Bataillone mit dem FML. Colloredo entourirt und verloren sein, ohne dass es zu verhindern möglich wäre. Ich habe hier eine ganz mittelmässige Position, aus welcher ich Turnau wegen des in meinem rechten Flügel liegenden Gebirges nicht souteniren kann, und wenn ich es thun und solche verlassen wollte, nur platterdings Gefahr liefe, von der grossen Armee und der Elbe coupirt zu werden. Ich muss also hier den Prinz Heinrich erwarten, und unerachtet es wider alle Regeln der Kriegskunst ist, mit dem Feinde gezwungen zu schlagen, es dennoch vermöge Euer Majestät höchstem Befehl auf den Hazard ankommen lassen. Wobei ich aber voraus versichern kann, dass, im Falle ich geworfen werde, sodann auch der grösste Theil der Armee und Artillerie dabei völlig verloren gehen werde, massen ich keine rechte Retraite hinter mich habe, und von den in beiden Flanken anrückenden Colonnen ganz leicht eniiliret und ebenfalls von der Elbe abgeschnitten werden kann. Ja, Euer Majestät Armee selbst würde in solchem Falle einer höchst gefährlichen Retraite ausgesetzt bleiben. Ich sehe mich also bemüssigt, Euer Majestät von all’ dem die schleunigste Meldung zu machen, und eben so schleunig Euer Majestät um den klaren und entscheidenden Befehl zu bitten, dass ich stehen bleiben und mit dem Feinde schlagen soll, denn, nachdem ich Euer Majestät immer zu versichern die Ehre gehabt habe, dass die Iser gegen einen so sehr Superioren Feind unmöglich zu defen- diren sei, so würde ich solchen hier auch nie erwarten, wenn Euer Majestät deswegen nicht stets in mich gedrungen hätten. Weil aber Allerhöchst Dieselben unter Einem es dennoch dabei auch immer noch auf meine eigene Beurtheilung ankommen zu lassen geruhen wollen, so muss ich Euer Majestät diese meine allerunterthänigste Vorstellung nochmals wiederholt unterlegen, indem ich es nach meiner eigenen Beurtheilung niemals auf diesen äussersten Schritt würde