Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens
196 getroffen sein, wenn ich gewandte Personen gefunden, welche sie glücklich überbracht hätten. In dieser Richtung hatten viele Sendboten schlechten Erfolg. Ich bitte demnach überzeugt zu sein, dass es weder jetzt noch später an uns liegt, wenn Euer Hoheit nicht öfter Nachrichten von unserem Schicksale erhalten. Bis zu dieser Stande haben wir dem Gegner den Boden Schritt für Schritt streitig gemacht und er hat keinen Zoll Terrain besetzt, ohne es theuer bezahlt zu haben. Jedesmal, wenn die Feinde es versuchten, sich mit dem Säbel in der Faust irgendwo einzunisten, wurden sie von den Unsrigen mit grosser Unerschrockenheit und so starken Verlusten zurückgetrieben, dass sie es nicht mehr wagen, die Köpfe aus ihren Laufgräben und Löchern zu stecken. Sie haben bereits die Contrescarpe rund um die angegriffene Front besetzt, von wo sie nun den Graben von allen Seiten bestreichen. Euer Durchlaucht werden schon aus meinem letzten Berichte entnommen haben, dass der Feind einen Abstieg in den Ravelin-Graben gemacht, einen Theil der Mauer in die Luft sprengte und dort wiederholt zum Sturme schritt, allein, Gott sei Dank, ganz vergeblich. Wir vertrieben die Türken ebenso oft aus dem Logement, das sie am Fusse der Bresche gemacht; aber wie sich unsere Leute zurückzogen, waren sie wieder da. Ich habe deshalb die Vorsicht nicht verabsäumt, an der Spitze des Ravelins Brunnen abteufen zu lassen, welche bis zur Grundmauer reichen, um von dort längs den Mauern beider Facen Vorgehen zu können. Dasselbe verfügte ich hei den angegriffenen Bastions, gegen welche der Feind noch immer keine Fortschritte aufzuweisen hat, indem er sich noch an der Contrescarpe befindet. Am 14. machte der Gegner einen Abstieg in den Graben vor der Löbel-Bastion und in derselben Nacht ein grosses Logement im Graben selbst; leider habe ich mich überzeugt, dass ich ihn darin nicht besonders belästigen kann, weder durch das Feuer aus den Capon- niéren, noch durch jenes der Geschütze, weil er sich schon zu tief im Erdreiche eingegraben hat, was mich nöthigt, die Geschütze auf ihre erhöhteren Arbeiten, welche den Graben enfiliren, zu richten. Von dort vertrieben ihn meine Leute das erste Mal am hellen Tage, doch waren sie zu wenig zahlreich, um die feindlichen Arbeiten zu zerstören; der Feind kehrte daselbst nach einer Stunde zurück. Gegen Abend wurden die Türken das zweite Mal delogirt und ihre Arbeiten theilweise verdorben, und das dritte Mal während der Nacht die vollständige Zer-