Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
12 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. gang trotz aller Überlegenheit niemals gesichert sei; nach Verlust einer Schlacht aber die Hälfte von Böhmen geräumt und preisgegeben werden müsste. Bis jetzt empfehle sich folgende Operationsweise: „Was der König von Preussen aus seiner Stellung unternehmen, dann wann, wie und wo Prinz Heinrich in Action treten wird, ist noch nicht vorauszusehen. Es könnte daher zwischen den beiden Armeen an der Elbe und an der Iser vorläufig nichts Endgültiges festgesetzt, sondern müsste daran festgehalten werden, alle Vorkommnisse und Bewegungen mit grösster Aufmerksamkeit zu beobachten und für alle möglichen Fälle sich bereit zu halten. So lange die k. k. Armeen die Elbe halten und ver- theidigen können, so lange decken sie sich gegenseitig den Rücken und könne sich ein Corps zwischen selbe nicht leicht hineinwagen. Sollte aber das Heer von der Elbe verdrängt und geschlagen werden, so würde die Elbe-Armee unter dem Oberbefehle des Kaisers bemüht sein, sich über Nechanitz und Chlumetz gegen Pardubitz zu ziehen, während die Iser-Armee unter Loudon Prag zu decken hätte. Das Hauptaugenmerk beider Armeen müsse darauf gerichtet sein, nicht von einander getrennt zu werden, sondern in der Vereinigung der gesammten Kräfte die Rettung zu suchen. Hiezu eigneten sich besonders die Orte Kimburg, Kolin, Kuttenberg, Caslau als Rückzugspunkte“ etc. Operationen im nordöstlichen Böhmen an der obern Elbe. Aus dem Lager von Wolsdorf setzte der König in den folgenden Tagen gegen das k. k. Heer an der Elbe den kleinen Krieg mit abwechselndem Glücke fort. Fouragirungen, Überfälle, Recognoscirungen etc. führten täglich Scharmützel herbei, welche beide Armeen in beständiger Kampfbereitschaft und Thätigkeit erhielten. Zu wiederholten Malen versuchte der königliche Feldherr durch Manöver die Österreicher zum Heraustreten aus ihrer festen Stellung und zur Annahme einer Schlacht im freien Felde zu veranlassen. Seine Pläne scheiterten aber jedesmal an dem festen und unabänderlichen Entschluss seines kaiserlichen Gegners, in der durch Umstände gebotenen Vertheidigung zu beharren und nur die vielen leichten Truppen angriffsweise wirken zu lassen. Am 15. Juli veranlasste endlich die Bedrohung Schlesiens durch das mährische Armee-Corps, dessen Vortruppen von Jägerndorf über Leobschütz streiften, den König, General-Lieutenant von Stutterlieim mit einer Brigade von 6 Bataillonen und 5 Escadronen über Reinerz und Glatz nach Keisse zur Verstärkung des General- Lieutenants v. Werner zu entsenden. Zu derselben Zeit wurden sämmt- liche, noch im Lager bei Kramolna - Nacliod stehenden Truppen nach Wolsdorf gezogen und dafür General-Lieutenant v. Wunsch mit