Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

Schranken gehalten werden, wenn nur Preussen und Sachsen zu­sammenhielten und von Russland unterstützt würden. Um letztere Macht durch ein unmittelbares Interesse für das Vorhaben zu gewinnen, berührte die Denkschrift des Potsdamer Hofes noch die polnischen Angelegenheiten, indem sie hervorhob, wie Österreich in Polen jetzt einen überwiegenden Einfluss zu erwerben beflissen sei. In einem zweiten Memoire legte Friedrich H. seinem alten Verbündeten — der russischen Kaiserin — klar, auf welche Weise sie den russischen Einfluss in Deutschland am sichersten begründen und befestigen könnte. Von den beiden Garantie-Mächten Schweden und Frankreich, welche der Friede von Westphalen der deutschen Reichs - Verfassung gegeben, zähle erstere ihres Verfalles wegen kaum noch als solche mit, die andere aber sei durch die Politik Ludwig XIV. keine Vertrauen er­weckende. Dagegen sei dem durch den Teschener Frieden neu ein­getretenen Garanten Russland jetzt die Gelegenheit geboten, seinen ganzen wohlthätigen Einfluss auf Deutschland auszudehnen. In Folge dieser preussischen Aufforderung manifestirte sich als­bald durch Beglaubigung neuer Gesandten bei den deutschen Höfen die Einmischung Russlands in die Angelegenheiten des deutschen Reiches, welche von dem Wiener Hofe und den ihm befreundeten deutschen Höfen sehr übel vermerkt wurde. Bei Gelegenheit der Denkschriften-Überreichung hatte Friedrich II. der russischen Kaiserin auch noch den Antrag zu einer Triple - Allianz zwischen Russland, Preussen und der Türkei zu dem Zwecke ge­macht, die ersteren beiden Mächte von weiteren Vergrösserungen auf Kosten der letzteren fernzuhalten. Nach diesem mit der eingestandenen Absicht gegen die Eroberungs - Politik Kaiser Josef II. gerichteten Plan, sollten Russland, Preussen und die Pforte zu gegenseitiger Hilfe­leistung sich verbinden, wenn eine der contrahirenden Mächte in ihren europäischen Staaten von irgend einer anderen Macht angegriffen würde. Katharina sah in der ihr gemachten Zumuthung, gegen eine andere Macht die Garantie des status quo des Osmanischen Reiches zu übernehmen, den Versuch, sich selbst zum Werkzeug der Zer­störung ihrer längst gefassten, weitaussehenden Pläne zu machen. Des­halb lehnte sie die in Vorschlag gebrachte Allianz mit der Erklärung ab, dass Russland aus Vorurtheilen des Glaubens eine solche Ver­bindung niemals gutheissen könnte '). Die Zurückweisung der preussi­schen Anträge in Petersburg erleichterte Kaiser Josef ungemein die Bewerbung um das Bündniss mit Russland. Schon in den ersten Monaten des Jahres 1780 waren von öster­reichischer Seite einleitende Schritte zu einer Annäherung an Russland 4) Görtz, Denkwürdigkeiten. 10*

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