Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

10 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. gesammten verfügbaren Macht, ohne Rücksicht auf die bei Dresden in der Sammlung begriffenen Streitkräfte, anzugreifen. Der diesbezügliche Bericht des Feldmarschalls an Se. Majestät den Kaiser Josef vom 7. Juli lautet: „Eure Majestät nehmen es nicht ungnädig, dass ich einen flüchtigen Gedanken allerunterthänigst unterlege. Denn, nachdem ich aus dem Berichte des Fürsten Carl v. Liechtenstein ersehe, dass sich Prinz Heinrich Plauen nähern soll und bei diesem Umstande nicht wohl und leicht zu vermuthen steht, dass Prinz Bernburg allein gegen die hiesi­gen Grenzen etwas eher unternehmen sollte, als bis jener an dem Punkt seiner anzufangenden Operation sein dürfte, so entsteht bei mir der Gedanke, ob man von dieser Mittelzeit nicht profitiren und mit gesammter Macht, inclusive des grössten Theiles vom Gyulai- und Graeven’sehen Corps, auf den König selbst losgehen und ihn attaquiren könnte, im Fall er anders nur nicht in einer ganz inattaquablen Position stünde; und ich dächte, dass wir hiezu in vier Märschen beisammen sein könnten“ ’). Angesichts der von Wien wiederholt ergangenen Weisungen, die Offensive nicht zu ergreifen, konnte sich Kaiser Josef zur Ausführung des von Feldmarschall v. Loudon angeregten Planes nicht entschliessen und zu einer Entscheidungsschlacht an der Elbe die Initiative ergreifen. Der Entwurf Loudon’s berechtigte zu den günstigsten Erwartungen und wäre dessen Durchführung von unberechenbarer Tragweite und schwer­wiegenden Folgen gewesen. Das Erkämpfen eines grossen Sieges in den Defiléen von Wölsdorf-Nachod über die preussische Armee unter dem Oberbefehle des Königs würde Österreich die Zurückeroberung Schlesiens wesentlich erleichtert haben. Die Chancen, den Feind dies­mal zu besiegen und niederzuwerfen, standen auf Seite des k. k. Heeres. Feldmarschall v. Loudon war in Erwartung einer genehmigenden Ant­wort aus dem grossen Hauptquartier Ertina, am 8. Juli bei Hiemes im Lager geblieben und hatte erst am 9. sein Hauptquartier nach Bleiswedel verlegt, um von da aus über Hohlen, Karsch, Hühnerwasser auf dem kürzesten Wege wieder in die Gegend von Miinchengrätz zu gelangen. In vier Märschen hoffte er mit der Hauptmasse, der Iser-Armee von Miinchengrätz, über Sobotka, Jicin, Bélohrad, Miletin das gegen 100km entfernte Königinhof zu erreichen und sodann durch den Königreich-Wald über Rettendorf und Kladern die rechte Flanke der bei Wolsdorf lagernden preussischen Armee anzugreifen. Zu diesem Zwecke beabsichtigte der Feldmarschall ungefähr 40 Bataillone und 65 Eseadronen oder gegen 45.000 Mann, 12.000 Pferde und 180 Ge­schütze zu verwenden und nach Anschluss des bei Arnau stehenden Corps des FML. Graf d’Alton von 10 Bataillonen und 8 Eseadronen, an 1 1) Acten des k. k. Kriegs-Archivs.

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