Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 103 oft die Gelegenheit geboten hatte, Theilsiege zu erkämpfen, geht aus der Darstellung der Operationen selbst hervor. Dies scheint der Grund gewesen zu sein, welcher den Prinzen Heinrich bestimmte, sich von Niemes aus jedes Angriffes auf die Iserlinie so lange zu enthalten, bis nicht der König im Ursprungsgebiete der Elbe Vortheile errungen. Vor dem Eintritte dieses Ereignisses besorgte der Prinz, den grössten Theil der k. k. Armee vereinigt an jenem Flusse zu finden und bekämpfen zu müssen. Bei einem Angriffe auf die Elbestellung der Österreicher riskirte im Falle einer Niederlage der König nicht so viel, als sein Bruder im Falle eines Rückschlages an der Iser, weil der Eine den gesicherten Rückzug über Trautenau-Schatzlar und Braunau, der Andere aber keinen solchen über das passreiche Lausitzer Gebirge hatte. In Anbetracht dieser Verhältnisse erscheint es nicht ganz unge­rechtfertigt, wenn Friedrich II. in seinem Briefe vom 4. März 1779 an den Prinzen Heinrich schreibt: „Es sei eine ausgemachte Sache, dass die Preussen in Betreff des Feldzuges nur Erbärmliches geleistet haben, was sie vor ihren Feinden weder verächtlich noch achtungs- werth erscheinen lassen könne.“ Gegen den österreichischen Feldzugsplan lassen sich im Ganzen wenige Einwendungen erheben; er lag so ziemlich in den gegebenen Umständen begründet und hätte bei stricter Ausführung noch von grösseren Erfolgen sein können, obgleich er auch sonst dem vorhan­denen Zwecke vollständig entsprach. Aus politischen Beweggründen auf den Vertheidigungskrieg angewiesen, war die k. k. Armee in dem von der Elbe und Iser begrenzten Aufmarschraume zu versammeln und sodann nach den Invasions-Richtungen und Unternehmungen der gegnerischen Macht in Verwendung zu bringen. Sollte der Feind auf zwei Punkten in Böhmen einbrechen, die auf grosse Entfernungen von einander liegen, so war mit vereinter Kraft der zunächst stehen­den Streitmasse entgegenzugehen und sodann gegen die andere sich zu wenden. Aber selbst für den Fall, als der Feind in Mähren-Schlesien ein­fiele, hielt man die Kampfbereitschaft und Bewegungsfähigkeit der in dem Sammelraume concentrirten Armee für so vortheilhaft und günstig, dass sie zur rechten Zeit auch auf diesen Nebenkriegsschauplatz an­langen und in Action eintreten könne. In der Folge entschied man sich für die Theilung der Streitkräfte, indem man das Heer des Kaisers an der Elbe stärker, als das des Feldmarschalls v. Loudon an der Iser machte, weil man von den beiden feindlichen Feldherrn den König für unternehmender hielt und unter seinem Oberbefehle die gegnerische Hauptmacht vermuthete. Die von Natur aus starke Elbe­stellung ward nach allen Regeln der Kunst befestigt. Es ist ganz richtig, dass General Lloyd in seinen Werken: „Geschichte der Feldzüge in Schlesien und Böhmen in den

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