Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1882)
Die erste Belagerung Wien's durch die Türken im Jahre 1529
Die erste Belagerurig’ Wien’s durch die Türken im Jahre 1529. 333 sich zum Theile über den Raum der heutigen Vorstädte halbkreisförmig in einer Länge von drei Meilen von Schwechat über den Wienerberg, Schönbrunn bis Döbling erstreckten. Man berechnete die Zahl der Zelte auf 30.000. Das prächtige Zelt des Sultans erhob sich auf der Stelle des heutigen Neugebäudes hei Kaiser - Ebersdorf und war von dem Lager der Leibgarde, 12.000 Janitscharen, umgeben. Bei Simmering standen die Truppen des Pascha’s von Rumelien, an ihn stromabwärts anschliessend der ungeheuere Tross; weiter abwärts befand sich die Weide für die Kameele und Pferde. Zwischen Simmering und der Spinnerin am Kreuz auf dem Wienerberge, also vor dem Stuben- und Kärntnerthore, lagerte der Gross - vezier, Günstling und Schwager des Sultans, Ibrahim Pascha, sowie der Obermeister des Geschützwesens. Hier befanden sich auch die Anhänger Zápolya’s, unter Anderen der Bischof von Gran, Paul Varday, und der ungarische Kronhüter Peter Pereny. Der Artillerie-Park fuhr zwischen St. Marx und dem Wienerberge auf und wurde sofort von einem 4"‘ tiefen Graben und 4'” hohen Walle umgehen; in nächster Nähe lagerte der Obermeister des Munitions- und jener des Fuhrwesens. Südlich des Wienerherges befand sich das Lager des Pascha’s von Belgrad, welcher im Vereine mit dem bei Schwechat aufgestellten Beglerbeg von Anatolien dem türkischen Heere den Rücken zu decken hatte. Vom Wienerberge bis zum Siechenhause (Klagbaum) lagerte der Pascha von Bosnien; vor dem Burgthore, zwischen St. Ulrich (Maria- Trost) und Penzing, der Pascha von Romanien mit bulgarischen, croatischen und serbischen Truppen, zumeist Christen. An diesen schloss sich bei Döbling der Statthalter von Semendria und bei Heiligenstadt jener von Mostar an, dem auch die Überwachung der gefangenen Christen übertragen war. Der Ring um die bedrängte Stadt wurde am 27. September durch 5000 Nassaden (Matrosen) vervollständigt, welche mit ihrer aus circa 600 grösseren Schiffen bestehenden Donauflottille unter dem Anführer Kasim Woiwoda die Donau von der Lobau bis Nussdorf besetzten und Wien auf diese Art vollkommen von der Aussenwelt abschlossen. Diese Nassaden griffen nämlich am Morgen des 27. September die lange und die Wolfsbrücke über die Donau (damals die einzige Verbindung mit dem Marchfelde) an, und wurden erfolglos von 3000 Mann der Besatzung bekämpft, welche über die Schlagbrücke (heutige Ferdinandsbrücke) ausfielen. Man war genöthigt, die eigene Flottille zu verbrennen und zu versenken, um sie nicht in Feindeshände gelangen zu lassen, denn 23*