Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1882)

Die erste Belagerung Wien's durch die Türken im Jahre 1529

Die erste Belagerung Wien’s durch die Türken im Jahre 1529, 323 Ferdinand’s Anhänger sprachen 14 Tage später auf dem Reichs­tage zu Pressburg diesem ungesetzlichen Acte jede Giltigkeit ab; es begann ein blutiger Bürgerkrieg, in dessen Verlaufe Zápolya’s Truppen geschlagen wurden und ganz Ober-Ungarn in die Gewalt Ferdinand’s fiel. Am 27. November 1527 fand nunmehr dessen Krönung zum König von Ungarn zu Stuhlweissenburg statt. Somit war jetzt zum ersten Male die Vereinigung von Böhmen und Ungarn sammt ihren Nebenländern mit den österreichischen Erb­ländern unter Einem Haupte bewirkt, und damit die heutige Gross­macht im südöstlichen Europa geschaffen. Allein der nach Polen geflüchtete Zápolya gewann den einfluss­reichen venetianischen Gesandten bei der Pforte für seine Pläne und rief den Schutz des Sultans an, indem er sich durch den polnischen Magnaten Laski freiwillig als Vasall Soliman’s erklären liess. Gleichzeitig liess Zápolya seine Anhänger in Ober-Ungarn durch den ihm ergebenen Paulinermönch Martinuzzi zum Kriege aufstacheln. Der eroberungssüchtige Sultan Soliman II., ohnedies durch Geld­sendungen des französischen Königs Franz I. zum Kampfe wider die immer mehr erstarkenden Habsburger aufgefordert, ergriff mit Freuden die Gelegenheit, unter der Maske eines Schutzherrn, der seinen Vasallen zum Throne verhilft, in Ungarn festen Fuss zu fassen, um von hier aus seine weitreichenden Pläne, welche die Unterjochung Österreichs und Deutschlands zum Ziele hatten, in’s Werk zu setzen. Marsch der Türken auf Wien. In der That rüsteten die Türken bereits im Jahre 1528; doch setzte sich das bei Philippopel gesammelte ungeheure Heer mit dem Sultan an der Spitze erst im Mai 1529 in Bewegung, passirte unter grossen Schwierigkeiten die Balkanpässe, übersetzte mit vielem Zeit­verluste die Morawa, Save und Drau und erschien erst Anfangs September vor Ofen. Diese Festung capitulirte am 7. desselben Monates, wobei trotz der Zusage des freien Abzuges die zumeist aus deutschen Söldnern bestehende Besatzung von den übermüthigen Janitscharen nieder­gemetzelt wurde. Während Johann von Zápolya am 14. September zum Könige von Ungarn installirt wurde, wälzte sich bereits der Heeresstrom der Türken unaufhaltsam gegen Wien. Voran zog unter Mord und Brand das ungefähr 30.000 Pferde starke Reiter-Corps der sogenannten „Renner und Brenner“ unter Michaloghli, welchem die auf dem Wege liegenden befestigten Städte, wie Visegrad, Gran, Komorn, Raab und Ungarisch-Altenburg ohne Widerstand die Thore öffneten.

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