Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - IV. Der Feldzug 1739 und der Friede von Belgrad
IV. Der Feldzug 1739 und der Friede von Belgrad. 471 Kaiser darauf legte, nicht missverstanden zu werden, und wie ihn noch so manche Zweifel quälten iiher die geradezu ungeheuerliche Situation, welche Wallis’ Berichte erkennen Hessen, mag daraus entnommen werden, dass er dem amtlichen Rescripte noch ein besonderes Handschreiben beilegte, in welchem er dem Grafen Neipperg nochmals seine Ansichten und seinen Willen auseinander setzte und ihn bei seiner Ehre und Treue beschwor, Belgrad zu retten und die Verhältnisse mit aller Umsicht auszunützen. Er forderte ihn auf, ihm rückhaltslos den Zustand der Armee zu schildern: ob sie wirklich so muthlos sei, wie die Berichte sie darstellten, oder etwa nur die Fatiguen, womit vielleicht der gemeine Mann mehr als nöthig überhäuft worden sein dürfte, sie niedergeschlagen. „Aus des Grafen Wallis’ Berichten an mich oder den Hofkriegsrath“ — fügte der Kaiser bei — „ist nichts Verlässliches zu entnehmen; lierentgegen überschreibt er so viele Dinge an Leute, so es nicht zu wissen haben und das Geheimniss nicht halten, dass ich mich darein nicht finden kann.“ Graf Neipperg scheint jedoch die Situation in einem höchst düsteren Lichte gesehen und den alleräussersten Fall, den „Casus extremae necessitatis“, den der Kaiser in seinen Instructionen vorgesehen, schon als eingetreten und factisch vorhanden erblickt zu haben. Er war, wie er sich später zu rechtfertigen suchte, der Ansicht, dass Gefahr im Verzüge sei, und daher entschlossen, sich ohne Weiteres persönlich in’s feindliche Lager zu begeben, um durch einen schriftlichen Verkehr nicht Zeit zu verlieren. Aus diesem Grunde veranlasste er den Feldmarschall Wallis, ihm eine andere, weiter umschriebene Vollmacht auszustellen, als jene war, die dieser hatte, wogegen er in einem von den Generalen Seherr, Prinz Hildburghausen und Styrum als Zeugen unterfertigten Reverse vom 17. August den Feldmarschall Wallis jeder Verantwortung enthob und erklärte, „dass er für Alles, was er mit ersagter ottomanischen Pforten abhandeln und schliessen werde, repondiren, und solches auf seine Verantwortung nehmen, ja sogar seinen Kopf, in dem Fall es nicht nach der allerhöchsten Intention sein sollte, zum Unterpfand anbieten wolle“. Dagegen behielt Feldmarschall Wallis die Instruction und Vollmacht für den Kriegssecretär Momarz zurück, so dass diesem jeder Einfluss auf die Verhandlungen entzogen wurde und er blos nur als Dolmetsch des Grafen Neipperg erschien. Obwohl nun Graf Neipperg, als er sich am 18. August auf der Durchreise in Belgrad aufhielt, sowohl durch den Augenschein als auch durch die Aufklärungen des FML. Succow und der Ingenieure, sich von der ungebrochenen Vertlieidigungsfähigkeit der Festung überzeugte und ihn auch der Artillerie-Oberst Feierstein versicherte, dass die Bresche, welche der Feind an einem Punkte der Umwallung ge