Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - IV. Der Feldzug 1739 und der Friede von Belgrad

472 Der Krieg mit der Pforte 1736—39. legt hatte, ohne jede Bedeutung und dieselbe durch einen weit stärkeren Abschnitt bereits verhaut sei, so konnte doch dies Alles seine pessi­mistischen Anschauungen nicht ändern und er setzte seinen Kitt in’s türkische Lager fort, in welchem er noch am selben Tage eintraf. Unglücklicherweise waren in der überstürzten Eile, mit welcher der ganze Vorgang in Scene gesetzt wurde, so sehr alle üblichen Ge­bräuche und Vorsichtsmassregeln ausser Acht gelassen worden, dass der Grossvezier, wenn auch mit allerdings gewaltthätiger Auslegung des Völkerrechts, daraus Anlass nehmen konnte, den Grafen Neipperg als nicht vollständig legitimirt zu betrachten und ihn der That nach mehr als Gefangenen, denn als kaiserlichen Gesandten zu behandeln. Ungeachtet wiederholter Bitten, die auch der französische Gesandte unterstützte, wurde ihm die Rückkehr in’s kaiserliche Lager unter den verschiedensten Vorwänden verweigert, ihm jede Correspondenz un­möglich gemacht und selbst sein Verkehr mit dem Marquis von Villeneuf beschränkt. Schon am 19. bot Neipperg dem Grossvezier die Übergabe von Belgrad und Sabac im geschleiften Zustande an, ohne jedoch als Äquivalent auch die Schleifung Orsova’s zu verlangen und ging also schon damit theilweise über jene Zugeständnisse hinaus, die der Kaiser nur unter gewissen Voraussetzungen zu machen gewillt war. Aber alle diese Anerbietungen scheiterten an der Hartnäckigkeit des Grossveziers. Festhaltend an den Zusagen des Obersten Grafen Gross, der ihm Belgrad „sans phrase“ angeboten, erblickte er nun in dem Vorschläge Neipperg’s, der nur von dem „geschleiften“ Belgrad sprach, eine Hinter­hältigkeit, die er erbittert mit den Worten zurückwies: „Ich habe nur Einen Gott und Ein Wort, und werde nur nach Überlieferung der Schlüssel Belgrads Friedensvorschläge annehmen“ '). Auch Villeneuf beklagte sich darüber, dass ein so voreiliger Schritt durch Wallis geschehen, der nun auch ihn compromittire und den Türken Misstrauen gegen Frankreich einflösse. Der unbestimmte Inhalt von Neipperg’s Vollmacht, welcher hie­durch weniger als Gesandter des Kaisers, sondern als Delegirter des Feldmarschalls Wallis erschien, die Unthätigkeit der kaiserlichen Armee, nicht weniger der Umstand, dass der kaiserliche Gesandte frieden­suchend in das Lager der Türken kam, worin diese einen Act der Unterwürfigkeit erblickten, dies Alles konnte nur dazu beitragen den Hochmuth des Grossveziers zu bestärken und bei ihm die Überzeugung zu festigen, dass es nur eines trotzigen Beharrens bedürfe, um Neipperg zu jedweder Concession zu nöthigen. Anderseits war auch die selbstgeschaffene Lage des kaiserlichen Gesandten keine solche, die einen energischen Widerstand begünstigte; ') Hammer „Geschichte des osmanischen Reiches“, Band VII, Seite 526.

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