Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - II. Der Feldzug von 1737
320 Der Krieg mit der Pforte 1736—39. Dio Ausfertigung des hierauf bezüglichen Befehles wurde nur dadurch verzögert, weil man Bedenken trug, den Feldherrn des kaiserlichen Heeres aus solchen Gründen vom Commando abzuberufen und daher auf eine passendere Gelegenheit warten wollte. Diese ergab sich, als Feldmarschall Seckendorf nach der Einnahme von Uzica den Plan für die Winterquartiere und die Postirung vorlegte und dabei selbst der Nothwendigkeit einer mündlichen Discussion hierüber Erwähnung that. Man beeilte sich in Wien, dieser Ansicht beizutreten und Seckendorf nach Wien zu berufen. Das Obercommando wurde unter Mittheilung des eigentlichen Sachverhaltes dem Feldmarschall Philippi übertragen und derselbe zugleich beauftragt, das Material für die gerichtliche Untersuchung gegen Seckendorf zu sammeln. Die Abberufung des FZM. Schmettau entfiel, da derselbe ohnehin schon früher die Armee krankheitshalber verlassen hatte. Die Capitulation von Nissa am 16. October. Der Wechsel im Obercommando brachte der kaiserlichen Armee keine günstigeren Chancen; er hielt den verhängnissvollen Gang der Verhältnisse nicht auf, zu denen die Operationen dieses Feldzuges in ihrer Gesammtheit den Grund gelegt hatten; Feldmarschall Philippi konnte nicht hindern, dass die einzige Errungenschaft dieses Kriegsjahres, Nissa, wieder in die Hände des Feindes fiel. Als Feldmarschall Seckendorf seinen Rechtsabmarsch an die Drina in Scene setzte, basirte er ihn auf die Voraussetzung, dass einerseits eine bedeutende feindliche Macht von Osten her nicht zu fürchten sei, anderseits aber das Corps des Feldmarschall Khevenhüller und die Besatzung von Nissa genügen würden, die Ostgrenze Serbiens und damit auch den Rücken der operirenden Armee nachhaltig zu sichern. Beide Voraussetzungen erwiesen sich als haltlos, wie dies auch im Voraus ohne Mühe erkannt werden konnte. Liess schon der unerwartete Widerstand Widdins auf eine Veränderung dos Kräfteverhältnisses auf Seite der Türken schliessen, so wurde dies durch die Berichte Khevenhüller’s und Wallis’, sowie durch die ununterbrochen einlaufenden Kundschaftsnachrichten zur Gewissheit noch ehe die Hauptarmee von Nissa abmarschirt war. In diesem Falle aber reichten die Kräfte der beiden Stützpunkte der östlichen Grenze Serbiens bei weitem nicht aus, nebst der Festhaltung ihrer kosten, auch noch die mehr als 150km weit durch impracticables, ressourcen- loscs Land führende Linie Radojevac-Nissa zu sichern. Schon mit dem Abmarsche der Hauptarmee wurde das Schicksal dieser beiden Detachements höchst zweifelhaft; als aber kurz darauf das Kheven- hüller’sche Corps seine Stellung räumen musste, war Nissa, ohne ausgiebige Unterstützung von aussen, in einer sehr schwierigen Lage.