Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Friedrich Spigl, Hauptmann im k. k. Kriegs-Archive: Repressalien-Gefechte an der croatisch-türkischen Grenze in der Zeit von 1809 bis 1845

6 Repressalien-Gefeehte an der croatisch-türkischen Grenze Die in den Präliminarien stipulirte Grenzberichtigung in Türkisch- Croatien zum Vortheile Österreichs sollte, nach dem Wunsche dieses Staates, das ganze Gebiet am linken Unna-Ufer bis zum Klokot um­fassen und diese Flüsse die neue Grenze bilden. Statt dessen erhielt Österreich blos einen territorialen Zuwachs von 15% Quadratmeilen, etwa die Hälfte des beanspruchten Gebietes, längs der Grenze des Licaner, Otocaner, Oguliner und Sluiner Regimentes, mit Einschluss der Veste Cetin. Die andere Hälfte von Türkisch-Croatien diesseits der Unna, etwa 17 Quadratmeilen, blieb im Besitze der Türkei. Man gewohnte sich, diese letztere Landschaft von da an schlechthin „Unna-Winkel“ zu nennen ’). Die neue Grenze läuft über bewaldetes Berg- und Hügelland und lehnt sich nur stellenweise an die Korana und Glina. Wie bei allen früheren Gebietsabtretungen, wanderte auch dies­mal die ganze mohamedanische Bevölkerung des cedirten Landstriches aus und Hess sich, bis sie der Grossherr durch Anweisung von Grund und Boden in einem andern Theile seines Reiches entschädigt hätte, vorläufig im Unna-Winkel nieder. Allein der Grossherr entschädigte sie nicht, und die Auswanderer mussten, angesichts der verlorenen Wohnsitze und ohne Aussicht auf jegliche Schadloshaltung, ihren Aufenthalt im Unna-Winkel fortsetzen. Bei dem Mangel eines richtigen Urtheils über die wahre Ursache ihrer Besitzlosigkeit schrieben sie die Schuld den neuen Ansiedlern zu und verfolgten sie mit bitterem Grolle. Sie behielten auch fortan und als Losungszeichen den Namen „Cetiner“, drohten und conspirirten unab­lässig jene zu vertreiben und das verlassene Land wieder in Besitz zu nehmen. Sämmtliche Türken des Unna-Winkels und des angrenzenden Bosnien nährten mit allen Mitteln den von den „Cetinern“ gegebenen Vorwand. Sie vollzogen von da an alle ihre Raubeinfälle auf öster­reichisches Gebiet im Namen der Cetiner und massen die Schuld Österreich bei, welches diese durch Besitznahme von Cetin ihrer Güter beraubt hätte. Würde die Grenzberichtigung in der von Österreich verlangten Ausdehnung stattgefunden und die Unna die neue Grenze gebildet haben, so wäre die Grenzsicherheit auch hier in ähnlichem Maasse erzielt worden, wie es an der Save und Donau der Fall war. So aber blieb die Grenze meist offen und die nächsten Grenzländer den türki­schen Räubern nach wie vor zugänglich. Eine aufreibende Bewachung konnte zwar nach und nach dem Unwesen zum Theile begegnen, aber dasselbe unmöglich machen konnte sie nie. In den Jahren 1809 und 1810 führte der nach dem Sistover Frieden vollzogene Besitzwechsel die ersten blutigen Auftritte in grossem ') Siehe beiliegende Karte.

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