Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)
Die Insurrection
886 Notizen über die Gefeclitsweise der Insurgenten. Munition war dagegen oft in unglaublichen Quantitäten vorhanden und wurde auch dementsprechend verbraucht *). Wo Geschütze in Verwendung kamen, waren dieselben fast immer von geschulten Artilleristen — meist Albanesen — und oftmals geradezu vorzüglich bedient. Die Verpflegung war sehr einfach und unterlag bei der ausserordentlichen Genügsamkeit der Insurgenten keinen besonderen Schwierigkeiten. So lange sie im Heimatsbezirke waren, empfingen sie ihre Nahrungsmittel von dem Führer, der gewöhnlich ein reicher Grundbesitzer war. Auf dem Marsche wurden sie aus den Zehent-Vorräthen verpflegt oder lebten von Requisitionen. Ein in gewisser Art geordnetes Verpflegswesen bestand nur in der Posavina unter dem Mufti von Taslidza und in der Romanja planina bei den Arnauten unter Ismail Beg Selmanovic. Trains waren eine unbekannte Sache, nur eine Anzahl Trag- thiere, zuweilen eine Hammelheerde, folgte dem Zuge, während man sich zur Fortschaffung der Munition, vornehmlich zur Ergänzung derselben während des Gefechtes, mit Vorliebe christlicher Landleute bediente, die zu diesem Zwecke gepresst wurden. Der Einfluss und das Ansehen des Führers waren das Band, welches diese sonst regellosen Schaaren zusammenhielt. Die moralische Ueberlegenheit allein verschafft dem Beg Gehorsam; ohne Zögern folgt der Haufe dem hervorragenden Führer, den seine unmittelbaren Anhänger nie verlassen. Sinkt aber das Ansehen des Führers, so hört nicht nur rasch jede Unterordnung auf, sondern es tritt die vollständigste Empörung an ihre Stelle, die das Leben eines solchen Depossedirten ernstlich bedroht; so z. B. musste der Führer Osman Cino aus Gornja Tuzla vor seinen eigenen Leuten nach Serbien flüchten. Strafen und Strafmittel sind ungekannt; nur auf Verrath ist nach althergebrachter Weise der Tod gesetzt, und dort, wo während der Occupation das Scheriat zur Geltung kam, mögen auch andere, sonst nicht gebräuchliche Strafen vorgekommen sein. Ihre Märsche führten die Insurgenten in ungeordneten Haufen aus, doch entsendeten sie in der Nähe des Gegners immer einzelne Leute zur Sicherung des Marsches. Strassen und betretenere Wege benützten sie nur in grösserer Entfernung vom Gegner, während sie sich in Feindesnähe um so mehr auf den beschwerlichsten Saumwegen bewegten, als sie dem k. k. Soldaten nicht die Fähigkeit zumutheten, ihnen dort zu folgen. Ihre Lager sicherten sie durch ringsum aufgestellte Posten oder Gruppen, durch welche sie mittelst Zeichen oder Zurufen verständigt wurden. Die einfache Ausrüstung und ausserordentliche Bedürfnisslosigkeit, verbunden mit grosser Ausdauer und genauer Kenntniss eines gewohnten Terrains, verliehen dem Insurgenten eine nicht zu unterschätzende Ueberlegenheit gegenüber dem schwer bepackten, an mehr Bedürfnisse gewöhnten regulären Soldaten, *) Seite 400.