Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Die Insurrection

Die Insurrection in den Sandschaks. 877 seine Banden sich formirten, in den Rahmen einer Art europäischer Organisation zu zwängen. Er führte eine geordnete, regelmässige Ver­pflegung durch contractmässig aufgenommene Lieferanten ein, deren einheitliche Leitung Advaga Dumic als Intendant besorgte; ebenso bildete er sich aus den Fähigsten und Zuverlässigsten seiner Lands­leute eine Art Generalstab, als dessen Chef er Ali Aga Talirovic bestellte. Auch führte der Mufti eine unter den Insurgentenbanden unerhört strenge Disciplin; Desertion und Ungehorsam wurden sehr hart bestraft; so z. B. war auf jlen Kopf des Bég Pasié, welcher mit 500 Mann und 1 Geschütz Samac ohne Verteidigung geräumt hatte, ein Preis von 500 Dukaten gesetzt. Auf die Bevölkerung übte der Mufti einen unbegrenzten Ein­fluss, der selbst dann noch nachhaltig wirkte, als die Lügen-Telegrannne, mit denen er seine Anhänger über die Situation täuschte, von dem Gange der Ereignisse als der unglaublichste Schwindel hingestellt wurden ‘). Im Vollbewusstsein dieses Einflusses konnte der Mufti es wagen, das Telegramm Hafiz Paschas vom 19. August, wonach alle Feind­seligkeiten aufzuhören hatten, die Insurgenten zu entlassen waren und der Mufti selbst seiner Functionen enthoben wurde, mit einer überall hin verbreiteten Proclamation zu beantworten, in welcher er sagte: Wir haben zur Hohen Pforte alles Vertrauen verloren und werden ihren Aufträgen keinen Werth beilegen. Das vergossene Blut werden wir nicht ohne Weiteres schenken; das Militär (die Insurgenten) ist beisammen zu behalten und bleiben alle Kriegsvorbereitungen aufrecht. Wie die Ereignisse darthun, ist auch den Aufforderungen des Mufti pünktlich Folge geleistet worden. Selbst als in den ersten Septembertagen sich die Situation gefahrdrohend verschlimmerte, suchte er noch mit Hülfe von auswärts eine günstige Wendung herbeizuführen. Am 9. September gingen Hadschi Hafiz, Osman Effendi, Toso Aga und Mohammed Ali auf Befehl des Mufti nach Serbien, um die dortige Regierung um Unterstützung mit Munition und die vorläufige Sistirung der Besetzung von Klein-Zvomik zu bitten. Die Ereignisse gingen jedoch zu rasch. In Folge der Wieder­aufnahme der Offensive der k. k. Truppen in Ost-Bosnien, zog sich der Mufti von Tuzla nach Zvornik zurück, wo sich bereits bei 10.000 Flüchtlinge angesammelt hatten. Etwa 300 Insurgenten und ebenso viele Familien traten nach Serbien über, der Mufti ging mit 3—4000 Mann zuerst nach Srebrenica und dann nach Visegrad. Dort löste sich bei Ankunft der k. k. Truppen der Rest der Insurgenten gänzlich auf; der Mufti verhess in Begleitung des Beg Cemerlic den Ort und soll sammt der ihm noch treu gebliebenen Schaar auf An­ordnung der Pforte in Pristina internirt worden sein. 4) Nach der Einnahme von Sarajevo liess der Mufti telegraphiren, dass die k. k. Truppen hei Visoka eine grosse Niederlage erlitten hätten; in der Hercego­vina hätten die Insurgenten im Vereine mit 10.000 Montenegrinern Stolac über­fallen, Mostar genommen und seien nun im Anmarsche auf Sarajevo. Niemand glaubte auch nur ein Wort dieser Angaben, aber die Anordnungen des Mufti fanden stricién Gehorsam auch ausserhalb seiner unmittelbaren Machtsphäre. 61* ;

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