Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

in das Land, um die Herrschaft der Volkshefe nicht länger ertragen zu müssen und behaupteten, die bosnischen Soldaten wären so ungefügig geworden, dass sie heim ersten Kanonenschuss auseinanderlaufen würden. Am 6. Juli versuchte Hadschi Loja an der Spitze von 300 Bewaffneten einen Ueberfall auf die in den Forts der oberen Stadt untergebrachten Geschütze, Waffen und Munitionsvorräthe. Da aber das Unternehmen an der Wachsamkeit und Haltung der Wache scheiterte, so begab er sich in das Regierungsgebäude und es fand alsdann hier eine Ver­söhnungsscene und die Beschenkung des Hadschi mit 500 Piastern durch den Vali statt. Tags darauf decretirte der Volksausschuss die Conscription aller streitbaren Männer im Lande ohne Unterschied der Religion und beschloss, die Bevölkerung habe sich an der Grenze dem Einmärsche der k. k. Truppen zu widersetzen. Dieser Beschluss, sofort an alle Kreisstädte telegraphirt, rief dort ähnliche Bewegungen, jedoch in viel geringerem Massstabe, wie in Sarajevo, hervor. In Travnik erklärten die bewaffneten Muselmanen ausdrücklich die Abschaffung der welt­lichen Gesetze und deren Ersetzung durch den Scheriat oder die religiösen Gesetze, die Unterwerfung der Christen unter die Kopf­steuer, die Aufhebung der Conscription in Bosnien etc. An dem nämlichen Tage — 7. Juli — wurde vom Sarajevo’er Pöbel die Absetzung und Entfernung des als energisch bekannten pro­visorischen Militär-Commandanten Ismét Pascha verlangt. Indessen hatte sich die Behörde, da im Verlaufe des Nachmittags ein asiatisches Bataillon von Aussen in der Stadt eingetroffen war, und die bosnischen Truppen zum Gehorsam zurückzukehren schienen, ermannt und hatte bei einbrechender Dunkelheit die Zugänge zu den Stadttheilen mili­tärisch besetzen, am nächsten Tage aber den Belagerungszustand procla- miren lassen. Diese Massnahmen imponirten der Menge derart, dass am 9. Juli Morgens auf Aufforderung der Truppenabtheilungs-Comman- danten die in den Moscheen versammelten Bewaffneten auseinander­gingen und sich zerstreuten, worauf die Verkaufsläden geöffnet wurden und Alles zur früheren Ordnung zurückkehrte. Den 11. Juli erhielt der Herr v. Wassitsch die Mittheilung, der Vali wäre von zwischen Oesterreich-Ungarn und der Pforte hinsichtlich der Occupation Bosniens und der Hercegovina einverständlich zu Ende geführten Abmachungen benachrichtigt Avorden und erwarte mit der nächsten Post die betreffenden Instructionen. Angesichts der nahen Occupation beschlossen endlich auch die Notabein, zunächst die Pforte um deutliche Erklärungen zu ersuchen, ob sie Widerstand zu leisten gedenke, oder nicht, denn in letzterem Falle müssten Vorbereitungen zur Beruhigung der Gemüther und zu dem Empfange der fremden Truppen getroffen werden. Unter den zu treffenden Dispositionen erwähnte man, Deputationen an der Grenze den einrückenden Truppen entgegenzuschicken. Auch sollte ein Tele­gramm an die Pforte abgelassen werden, worin erklärt würde, dass das Land sich der Occupation, als von der Pforte gebilligt, unbedingt unterwerfe. Die Ereignisse in Bosnien und der Hercegovina v. Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. 73

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