Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

72 Die Ereignisse in Bosnien und der Hercegovina v. Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. jedoch bemerken, dass es einige Zeit brauchen dürfte, bis die unwissen­den Muhammedaner der unteren Classen ihren Vorth eil begriffen. Ferner setzte der k. u. k. General - Consul den Statthalter von Bosnien, Mazhar Pascha, von dem Beschlüsse des Congresses in Kenntniss und erkundigte sich, ob er bereits Instructionen bezüglich des Empfanges der k. k. Truppen habe. Die Antwort lautete ver­neinend, mit dem Ausdruck des Bedauerns, dass der Regierung von allen Seiten Nachrichten von der bevorstehenden Occupation zukommen. Die Pflichten eines Vali erheischten, mit unbedingter Machtvollkommen­heit und unwiderstehlich zwingender Gewalt, auch ohne besondere Instruc­tionen, das Land in Vertheidigungsstand zu setzen. Der Militär-Com- mandant, Veli Pascha, über den nahen Einmarsch der k. k. Truppen betroffen, erklärte ebenfalls, ohne Weisungen zu sein. In einer unmittelbar nach dieser Unterredung mit Herrn v. Was- sitsch stattgehabten Sitzung des Provinzialrathes setzte Mazhar Pascha auseinander, dass von allen Grenzpunkten Nachrichten über einen von österreichisch-ungarischen Truppen demnächst zu beginnenden Einbruch in das Land eingingen und dass er demnach entsprechende Vorberei­tungen der Abwehr treffen müsste. Darauf besprach er in längerer Rede die Hülfsquellen der ihm unterstehenden Provinz an Menschen, Kriegs­material und Nahrungsmitteln und deducirte daraus einen erfolgreichen Widerstand. Nach geschlossener Sitzung telegraphirte der Vali sowohl, als der Provinzialrath nach Constantinopel, um die Befehle der Pforte in der Occupations-Angelegenheit einzuholen und das Benehmen danach zu regeln. Die diesbezügliche Weisung der Pforte mahnte die Bevöl­kerung zur Ruhe, indem Unterhandlungen gepflogen würden, Hess aber sonst die Lage in der Schwebe. Die Nachrichten über den Einmarsch der Oesterreicher hatten das Land in grosse Aufregung versetzt. In der Hauptstadt blieben die Kaufläden fast fortwährend geschlossen: die bewaffneten Türken sam­melten sich im Bazar und in den Moscheen und wählten den bekannten Banditen, Hadschi Loja, zu ihrem Anführer. Diese Zusammenrottungen und ungesetzlichen Acte verbreiteten unter der christlichen Bevöl­kerung Angst und Schrecken und zwangen sie, mit dem Pöbel gemein­same Sache zu machen, während die Notabein von der Bewegung sich fernhielten. Umsonst waren die Bemühungen, welche der Stell­vertreter des General-Gouverneurs, Constant Pascha, und der comman- dirende General, Veli Pascha, zur Beruhigung des Volkes aufboten; man steuerte auf die Revolution mit allen Greueln und auflösenden Tendenzen geradenwegs los. Der Militär-Commandant fiel der Alles ver­dächtigenden Volkswuth zum Opfer und musste den Oberbefehl nieder­legen, weil ihm der verwahrloste, erbärmliche Zustand der Truppen zum Vorwurf gemacht worden war. Auf letztere war kein Verlass mehr; die Meuterei war in die Reihen der bewaffneten Macht gedrungen; das bosnische Jäger-Bataillon fraternisirte bei jeder Gelegenheit mit dem Volke. Ueber diese Schmach empört, wünschten die türkischen Officiere das baldige Einrücken der österreichisch-ungarischen Truppen

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