Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

50 Topographische Skizze. Die in Beilage 1 angegebenen Zahlen über Cerealien-Production und Viehstand können, da nur auf Abschätzungen basirt, wohl nur ein approximatives Bild der Leistungsfähigkeit der einzelnen Landes- theile bieten. Einwohner. — Bisherige politische Verwaltung. Die Bewohner sind sehr ungleichmässig im Lande vertheilt — am dichtesten in den grösseren Thälern, minder im Mittelgebirge und den Karst-Kesseln. Bosnien ist besser als die Hercegovina, am minde­sten der Kreis von Novibazar bevölkert. Die näheren Daten sind aus Tabelle 1 ersichtlich; doch können auch diese Angaben, bei den eigenthümlichen Verhältnissen des Landes, auf absolute Richtigkeit keinen Anspruch machen. Der Nationalität nach sind die Eingeborenen, mit Ausnahme der im Süden von Novibazar wohnenden Albanesen und der im Lande zerstreuten Juden und Zigeuner, durchgehends Slaven. Wie bei civi- lisatorisch minder entwickelten Völkern meist, bei jenen der Balkan- Halbinsel immer, bietet nicht Stammverwandtschaft, wohl aber die Religion innerhalb der Gruppen der Glaubensgenossen das Binde­mittel. Nach dem Religions-Bekenntnisse scheiden sich die slavischen Bewohner Bosniens in: Muhammedaner und Christen, diese in Ortho­doxe (Griechisch nicht Unirte) und in Katholiken (Lateiner). Die Muhammedaner, als Träger der herrschenden Religion, im Besitze aller politischen Rechte und des grössten Theiles von Grund und Boden, wussten sich durch rücksichtsloseste Bedrückung der „Rajah“ (Heerde) bei sorgenlosem Nichtsthun Macht, Ansehen und Ver­mögen zu wahren. Ehrlich und gastfreundlich, mässig, abgehärtet, doch stets kampfbereit, stolz, unwissend und unduldsam, hat der Muhamme­daner Bosniens bis nun jeden Versuch der Christen, ihr hartes Loos zu ändern, mit barbarischer Grausamkeit niederzuschlagen gewusst. Die reichen und mächtigen Begs — die alte, einst zum Islam über­getretene Feudal-Aristokratie des Landes — hatten auch der Stambuler Regierung gegenüber eine gewisse Unabhängigkeit bewahrt. Ihr unbeugsamer Starrsinn und wohl vielfach auf egoistische Momente zurückzuführender Fanatismus, waren die grössten Hindernisse jedes Fortschrittes im Lande. Die Christen, die eigentlichen Bebauer von Grund und Boden, sind wie alle Bosniaken kräftige, untersetzte Gestalten; abgehärtet, gutmüthig, doch misstrauisch und unwissend. Das 400jährige Joch tiefster Erniedrigung hat das Volk demoralisirt. Nur in der Kraina, besonders aber in der südlichen Hercegovina haben sich Spuren alter Kampfeslust und Sinn für Unabhängigkeit theilweise erhalten. Die Menge der Rajah trug meist gedankenlos und träge das schwere Joch. Die mohammedanischen Albanesen (Arnauten) gelten als die kühnsten und unternehmendsten, aber auch als die mord- und raub­gierigsten Krieger im Westen der Balkan-Halbinsel.

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