Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)
Einleitung
Vorgeschichte. 27 Ausdehnung gehen werden. Wie dem auch sein mag, voraussichtlich werden die Regierungen von Serbien und Montenegro, welche bereits bis zu diesem Augenblicke Mühe genug hatten, sich ausserhalb der Bewegung zu erhalten, sich machtlos erweisen, der Strömung Widerstand zu leisten, und jetzt schon scheinen sie sich unter dem Einflüsse der Ereignisse und der öffentlichen Meinung mit dem Gedanken vertraut zu machen, beim Schmelzen des Schnees an dem Kampfe Theil zu nehmen.“ „Angesichts dieser Sachlage wird die Aufgabe der Mächte, welche entschlossen sind, im Interesse des allgemeinen Friedens die äussersten Verwickelungen zu beseitigen, eine sehr schwierige. Oesterreich-Ungarn und die beiden andern kaiserlichen Höfe sind sich im Verlaufe eines vertraulichen Ideenaustausches in der Ueberzeugung begegnet, dass man, wenn man sich darauf beschränken würde, den Erfolg der durch den letzten Ferman verkündigten Grundsätze abzuwarten — Grundsätze, welche übrigens nach den Absichten der Pforte auch, wie es scheint, nicht unmittelbar auf die aufständischen Provinzen anzuwenden wären — schwerlich ein anderes Ergebniss erzielen werde, als das, dass der Conflict mit Ende des Winters eine noch grössere Ausdehnung gewinnen würde. Die drei Cabinete sind daher der Ansicht, dass die einzige Chance, neue Verwickelungen zu vermeiden, nur in einer von den Mächten ausgehenden Kundgebung ruhen könnte, welche deren festen Entschluss constatiren würde, die Bewegung, die den ganzen Orient mit sich fortzureissen droht, zum Stillstände zu bringen.“ „Dieser Zweck kann indess nicht durch das Einzelmittel einer an die fürstlichen Regierungen und an die christlichen, dem Sultan unterworfenen Bevölkerungen zu richtenden Aufforderung erreicht werden. Damit dieses an sich schon sehr schwierige Unternehmen Aussicht auf Erfolg habe, ist es unumgänglich nothwendig, dass die Mächte in der Lage seien, sich auf klare, nicht weiter zu erörternde, praktische und ganz insbesondere auf solche Massregeln zu berufen, die geeignet sind, die Lage der Hercegovina und Bosniens zu verbessern, kurz: dass ihr Eingreifen sich auf Thatsachen und nicht auf Programme stützen könne. Nur so werden die Mächte im Stande sein, ihren friedlichen Rathschlägen mit Nachdruck Geltung zu verschaffen.“ „Noch eine andere Schwierigkeit — und sie ist die grösste — liegt vor, welche um jeden Preis überwunden werden muss, wenn man auf ein einigermassen günstiges Ergebniss rechnen will. Diese Schwierigkeit ist das tief eingewurzelte Misstrauen, welchem alle Versprechungen der Pforte bei den Christen begegnen. Eine der hauptsächlichsten Ursachen dieses Misstrauens muss in der Thatsache gesucht werden, dass mehr als Eine der in den letzten Erlässen des Sultans angekündigten Massregeln sich bereits in den älteren Hattischerifs findet, ohne dass dadurch das Loos der Christen eine bemer- kenswerthe Verbesserung erfahren hätte.“ „Die Cabinete halten es daher für unumgänglich nothwendig, das^ die Regierung des Sultans durch eine officielle Communication ihre