Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

18 Vorgeschichte. Steuerung auf einen gewissen Percentsatz u. s. w. Unter allen Ver­hältnissen sollten jedoch die Grossmächte die getreue Durchführung jeder versprochenen Reform garantiren. Die Consulen Frankreichs, Englands und Russlands kehrten am 22., jene Oesterreichs, Deutschlands und Italiens am 24. September nach Mostar zurück. Erstere benachrichtigten sofort ihre Botschafter in Constantinopel, dass ihre Versöhnungsmission vollständig gescheitert sei, nachdem sie die Führer der Insurrection nicht einmal zu Gesicht bekamen. Letztere berichteten, Server Pascha habe die Hoffnung ausgesprochen, es würde ihm in zwei Wochen gelingen, die Insurgenten zu zerstreuen und dann das Pacificationswerk eintreten zu lassen. Alle sechs Delegirte bezeichneten überdies als das einzige Mittel zur Versöhnung: Anerkennung der diplomatischen Intervention, Waffen­stillstand, Zusammentritt der Insurgenten mit dem türkischen Special- Commissär in Ragusa, um unter Einwirkung der Consulen über die Details der Pacification frei verhandeln zu können. Inzwischen hatten die Kriegsrüstungen Serbiens und Montenegro’s nicht allein in der Türkei, sondern auch in Oesterreich und Russland die grösste Beunruhigung und Missbilligung hervorgerufen. Man be­fürchtete, dass der Aufstand in der Hercegovina und die seit Anfang September auch in Bosnien ausgebrochene insurrectionelle Bewegung durch die bewaffnete Unterstützung jener Fürstenthümer in eine kritische Phase treten und zu Verwicklungen den Anlass bieten könnte. Serbien hatte nämlich durch Aufstellung eines Observations-Corps an seinen Grenzen die Pforte bestimmt, ihrerseits eine Truppenmacht von 25.000 Mann bei Nis zusammenzuziehen. Dabei erklärte letztere aus­drücklich, dass sie durch diese ihr aufgezwungene Massnahme keines­wegs bezwecke, gegen Serbien aggressiv vorzugehen. Die Mächte beriethen daher über einen in Belgrad behufs Er­haltung des Friedens zu unternehmenden Collectivschritt, der in der Aufforderung bestehen sollte, die serbische Regierung möge sich jeder Massnahme enthalten, die der Pforte den Vorwand bieten könnte, sich für angegriffen zu erklären, da durch directe Feindseligkeiten gegen die Türkei den garantirenden Mächten die Möglichkeit benommen würde, das Fürstenthum mit Berufung auf den Pariser Vertrag von 1856 vor Occupation durch osmanische Truppen zu bewahren. Diese Collectiv- Declaration, durch die Repräsentanten der Mächte am 6. October 1875 in Belgrad überreicht, hatte die gewünschte Wirkung hervorgebracht. Eine ähnliche Aufforderung war auch an den Fürsten von Montenegro ergangen und von ihm die Versicherung erlangt, dass das Versprechen der Neutralität, welches er bei Ausbruch der Revolution in der Hercegovina gegeben und stets gewissenhaft gehalten, auch in der Folge unter keiner Bedingung gebrochen werden würde. Während dieser Unterhandlungen zwischen den Garantiemächten und den suzeränen Staaten der Türkei, publicirte der Pforten-Commissär Server Pascha die Ausführungs - Instruction des in Constantinopel Anfangs October kundgemachten Iradé des Sultans, welches den Unterthanen des Reiches in administrativer Beziehung wichtige Zuge-

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