Zalai Múzeum 4. (Zalaegerszeg, 1992)
Pickl, Othmar: Die Kapitulation der Festung (Nagy) Kanizsa der „Hauptfestung des Ottomanischen Reiches” am 13. April 1690 (Zum 300. Jubiläum der Kapitulation der letzten türkischen Garnison Transdanubiens)
88 Pickl, Othmar Konvoi kaiserlicher Truppén erfolgen sollte, zusâtzlich abzusichern. Wir hören, dali sich zu diesem Zweck vier ungarische Offiziere ,,als Gâste", d.h. als Geiseln zum Pascha von Kanizsa begaben. 38 Am 1. April 1690 wurde durch kaiserliche Resolution der Kapitulationsvertrag bestâtigt. Es wurde festgelegt, dafi der Abtransport der türkischen Besatzung auf dem Wasserweg der Drau bis Esseg/Osijek vorgenommen werden sollte, wozu die bei Legrad an der Drau vorhandenen Proviant-Plâtten samt den notwendigen Schiffleuten heranzuziehen seien. Die Grazer Hofkammer erhielt den Auftrag, allé dazu notwendigen Verordnungen zu treffen. Der in Wien anwesende Grazer Hofbuchhalter Canduzzi erliefi dazu von Wien aus allé notwendigen Befehle. Die Ausgaben sollten der Grazer Hofkammer aus der Landtagsbewilligung des Herzogtums Steiermark fiir das Jahr 1690 ersetzt werden. 39 Der Transport der türkischen Garnison von der Festung Kanizsa nach Legrad konnte aber nur mit Hilfe von Fuhrwerken erfolgen, wozu auch das Generalat Varazdin nach bestén Krâften helfen sollte. Für die vornehmen und kranken Türkén sollte ein Teil der Drauschiffe, d.h. der Plattén, mit gedeckten Aufbauten versehen werden. 40 Wichtig erscheint auch, dafi gleichfalls am 1. April ein Befehl des Hofkriegsrates an den Oberstwachtmeister Baron von Frankenburg erging, er solle eine Kompanie des in Ofen/Buda liegenden fürstlich Anhaltischen Regiments raschest nach Kanizsa marschieren lassen. 41 Demnach war man also bestrebt, die von den Türkén geràumte Festung mit einer deutschen Besatzung zu versehen. Die Lage der ungarischen Milizen im Lager vor Kanizsa verschlechterte sich nach der Kapitulation der türkischen Garnison drastisch, weil ihnen über Befehl des Palatins nunmehr keine Victualien mehr zugeführt wurden. Graf Batthyány protestierte am 31. Márz beim Wiener Hofkriegsrat ganz energisch gegen diese Verfügung. 42 Der Hofkriegsrat entschied auch umgehend, dafi die BlockadeMiliz weiterhin mit Proviant zu versehen sei, bis die Festung Kanizsa völlig von den Türkén geráumt werde. 43 Etwa gleichzeitig ordnete der Hofkriegsrat an, dafi die „Batthyányschen und Raaberischen Grenzer" sowie allé an der erfolgreichen Belagerung von Kanizsa beteiligten ungarischen Milizen als Anerkennung einen „ExtraMonatssold" ausbezahlt erhalten sollten; zugleich erging der Befehl an sie, sich zum Corps des Generals Veterani zu bégében. 44 Urn die Versorgung der kapitulierten türkischen Garnison von Kanizsa sicherzustellen, befahl die ungarische Hofkanzlei den ungarischen Gespanschaften, den „Carnisaner-TUrken" Lebensmittel zuzuführen und zu verkaufen. 45 General Caraffa machte sich indessen in Hinblick auf den bevorstehenden Feldzug 1690 ernsthafte Sorgen darüber, dafi die in Legrad für den Nachschub des Draucorps bereitgestellten Plattén zum Abtransport der türkischen Garnison auf dem Wasserweg der Drau bis Osijek/Esseg verwendet werden sollten. 46 Auch dem Hofkriegsrat war durchaus einsichtig, dafi dadurch der Proviantnachschub für den Feldzug 1690 entscheidend behindert bzw. verzögert werden würde, doch gab es keine andere Möglichkeit, den Abzug der kapitulierten Türkén durchzuführen. 47 Der Zustand und die Übergabe der Festung Kanizsa am 13. April 1690 Über die eigentliche Kapitulation der türkischen Garnison, die am 13. April 1690 zwischen 11 und 12 Uhr erfolgte, und den Zustand der Festung Kanizsa zu dieser Zeit werden wir durch eine ausführliche , ,Relation von der von denen Thiirken beschehnen Ybergab der Vösstung Canischa an Ihre kayserl. May estât" eingehend unterrichtet, 48 die diesem Text als Anhang beigefügt ist. Die Übergabe der Festungs-Schlüssel Eingehend schildert unsere Relation die Übergabe der Festungs-Schlüssel. Sie erfolgte am 13. April 1690 zwischen 11 und 12 Uhr. Dazu ritten seine Exzellenz General Batthyány, Feldmarschall-Leutnant Zichy, der Bischof Artedi von Vesprem und der Oberstwachtmeister Maschwander mit etwa 40 anderen Edelleuten hoch zu Pferd und unter Trompetenschall in die mittlere „Türkenstadt oder Festung". Die Übergabe erfolgte auf der Innenseite des gemauerten Tores, wo der Janitscharen-Aga, ein schneeweifier alter Mann, der Passan-Aga mit zwei anderen Ágas und sechs Janitscharen erschienen waren. Die Stadtschlüssel, insgesamt sechs, hingen mit zwei Hufeisen und zwei Halbmonden an einer vergoldeten Kette an einem grünen Beutel. Der Janitscharen-Aga liefi auf Türkisch durch den Dolmetsch erklàren, er werde vor seinem Kaiser übel bestehen, weil er diese Festung übergebe. Der Herr General solle vom Pferd steigen und die Schlüssel der Festung zu Fufi übernehmen. General Batthyány antwortete darauf in deutscher Sprache, dafi er nicht absteigen werde. Darauf nahm der alté Aga mit nassen Augen und zuckenden Schultern die Schlüssel aus dem Beutel und reichte sie General Batthyány aufs Pferd. Er erklàrte dazu abermals, er werde bei seinem Kaiser übel bestehen und wisse sehr wohl, dafi ihm dies seinen Kopf kosten werde. Hiemit übergebe er die Schlüssel der ,,Hauptfestung des Ottomanischen Reiches". Der General liefi ihm daraufhin durch den Dolmetsch sagen, sein (des Aga) Kaiser wisse sehr wohl, dafi die Übergabe nicht durch Gold noch Silber bewirkt wurde, sondern dafi die àufierste Hungersnot und die fehlenden Nahrungsmittel die Besat-