Zalai Múzeum 4. (Zalaegerszeg, 1992)

Pickl, Othmar: Die Kapitulation der Festung (Nagy) Kanizsa der „Hauptfestung des Ottomanischen Reiches” am 13. April 1690 (Zum 300. Jubiläum der Kapitulation der letzten türkischen Garnison Transdanubiens)

Die Kapitulation der Festung (Nagy) Kanizsa der , ,Hauptfestung des Ottomanischen Reiches ' ' am 13. April 1690 87 zwei seiner Offiziere, die die Antwort abholen sollten, das Feuer eröffnet; dabei stehe aber fest, dafí die Garnison sich nicht mehr lange, nâmlich höchstens bis Ostern werde haltén können. 21 Das so unerwartete Verhalten der tiir­kischen Garnison auf die Kapitulationsaufforderung er­klárt sich offensichtlich aus der Tatsache, dali seitens der ungarischen Bevölkerung und auch der zur Belagerung eingesetzten Miliz inzwischen den Türkén eine gröfíere Menge , ,Victualien" verkauft worden war, 22 was die Be­lagerten offenbar neue Hoffnung schöpfen liefí. Hatte sich doch die tiirkische Garnison von Kanizsa die fehlenden Lebensmittel spátestens seit 1688 offenbar immer wieder von den zur Belagerung eingesetzten ungarischen Milizen beschaffen können. 23 Es ist bezeichnend, daB sich die Generálé Batthyány und Zichy auf ein Schreiben des Hofkriegsrates von 9. Február mit dem Vorwurf, die ihnen unterstellten Truppén hátten die belagerten Türkén in Kanizsa mit Lebensmittel versorgt, nur recht halbherzig verteidigten. Adam von Batthyány erklárte am 4. Márz 1690, dafí mit s einem Wis­sen keine Viktualien an die Besatzung von Kanizsa geliefert worden seien. 24 Sowohl er als auch Graf Zichy beklagten sich bitter, dafí beim Kaiser solche verleum­derischen Angaben vorgebracht worden seien. 25 In Hin­blick auf die diesbezüglich seit Jahren auch bei der Grazer Hofkammer wiederholt vorgebrachten Beschwerden kann aber wohl kein Zweifel darüber bestehen, dali seitens der ungarischen Milizen immer wieder — und vermutlich um teures Geld — Nahrungsmittel an die belagerten Türkén verkauft worden waren. Um diese unglaublichen Praktiken zu unterbinden, kommandierte der Hofkriegsrat den Grafen Nikolaus Er­dödy mit seiner Banal-Miliz nach Kanizsa. Von dort berichtete der Graf am 5. Márz 1690, er werde mit seinen Truppén dafür sorgen, dafí kein weiterer „Suceurs" in die Festung Kanizsa gebracht werde. Zugleich urgierte er den seit drei Jahren ausstándigen Sold für seine Husaren. 26 Die Kapitulation am 23. Márz 1690 Inzwischen verschlechterte sich die Lage der türkischen Garnison von Kanizsa so drastisch, dafí man nunmehr die Übergabe an die Kaiserlichen ernstlich ins Auge fafite. Am 28. Február 1690 berichtete jedenfalls Graf Zichy aus sei­nem Lager vor der Festung Kanizsa, dafí ihm dies von Überláufern mitgeteilt worden sei. 27 Tatsâchlich nahmen die Türkén am 16. Márz konkrété Kapitulationsverhand­lungen auf und schickten dazu zwei Geiseln in das kaiser­liche Feldlager. 28 Die Verhandlungen mit den Türkén wurden von kaiser­licher Seite durch den Dolmetscher Heinrich Christoph Schwegler unterstützt, der dem Wiener Hofkriegsrat einen ausführlichen Bericht über den Verlauf der Verhandlungen und die schliefílich erzielten Kapitulationsbedingungen übermittelte. 29 Leider ist dieser Bericht im Kriegsarchiv nicht erhalten. Wir erfahren aus anderen Nachrichten, dafí die Verhandlungen von türkischer Seite mit grofíer Hartnâ­kigkeit geführt wurden. 30 Schliefílich konnte man sich am 23. Márz 1690 über die Bedingungen der Kapitulation einigen. 31 Die türkische Garnison von Kanizsa übergab ihre Festung gegen freien Abzug und unter den gleichen Bedingungen, unter welchen die türkische Garnison von Stuhlweifíenburg/Székesfehérvár ihre Festung den kaiser­lichen Truppén übergeben hatte. Graf Stephan Zichy berichtete dem Hofkriegsrat darüber am 25. Márz 1690 und fügte mit Stolz hinzu, dafí dies nach StuhlweiBen­burg/Székesfehérvár die zweite türkische Garnison sei, die durch die ungarische Miliz zur Übergabe gezwungen worden sei. 32 Graf Ádám von Batthyány berichtete am 24. Márz über die abgeschlossene Kapitulation und über­sandte dem Wiener Hofkriegsrat gleichzeitig den mit der türkischen Garnison von Kanizsa geschlossenen Kapitula­tionsvertrag. 33 lm Archiv des Hofkriegsrates hat sich dieses Dokument leider nicht erhalten. László Szita konnte den Text des Kapitulationsvertrages jedoch im Archiv Karlsruhe aus­findig machen und ist in seinem Kongrefí-Referat aus­führlich darauf eingegangen; er wird in seinem Konferenz-Manuskript darüber berichten. 34 Wir konnten lediglich aus anderen Berichten Rückschlüsse auf Einzel­heiten des Kapitulationsvertrages ziehen. Aus einem Brief Graf Batthyánys vom 26. Márz erfahren wir, dafí man der türkischen Garnison samt ihren Familien den freien Ab­zug gewáhrte, wozu 1.700 Wagen benötigt würden. Da jedoch eine so grofíe Zahl von Wagen samt den nötigen Zugtieren kaum aufgebracht werden könne und der Abzug der Türkén durch das verödete Slawonien nach Bosnien nur unter den gröfíten Schwierigkeiten mögliche wáre, schlug Batthyány vor, man mögé den Abtransport der tür­kischen Garnison besser auf dem Wasserweg der Drau durchführen. 35 Immerhin erging in diesem Zusammen­hang ein Befehl der ungarischen Hofkanzlei an die Gespanschaften Szaladiensis, Veszprém und Eisenburg, die notwendigen Fuhrwerke zum Abtransport der tür­kischen Besatzung von Kanizsa zur Verfügung zu stellen. 36 Da die an Ort und Stelle mit der Besatzung von Kanizsa getroffenen Übergabsbedingungen erst durch den Wiener Hofkriegsrat bzw. den Kaiser bestátigt werden mufíten, reisten als Vertreter der Garnison Kanizsa zwei vornehme Türkén in Begleitung der Herren Peter Andrássy und Paul Festeticz nach Wien, wo mit dem Hofkriegsrat offenbar die Einzelheiten des Abtransportes der türkischen Garni­son geklárt wurden. 37 Dazu gehörte auch die Stellung von christlichen Geiseln, um den Abzug der türkischen Garnison, der unter dem

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