Zalai Múzeum 4. (Zalaegerszeg, 1992)

Pickl, Othmar: Die Kapitulation der Festung (Nagy) Kanizsa der „Hauptfestung des Ottomanischen Reiches” am 13. April 1690 (Zum 300. Jubiläum der Kapitulation der letzten türkischen Garnison Transdanubiens)

86 Pickl, Othmar sich alléin gestellt und von den Wiener Zentralstellen finanziell est im Frühjahr 1686 erstmals mit einem Betrag von 100.000 fi unterstützt, hatten die Grazer Hofkammer und ihr Président Versorgung und Nachschub für das Drau-Corps in den Jahren 1684—1687 geradezu vorbild­lich gemeistert. 9 In Ausführung der jeweiligen Operationspláne errangen die Truppén des Drau-Corps im Laufe der folgenden Jahre glànzende Erfolge. 1684 gelang es, die türkische Festung Virovitica und 1686 Pécs/Fünfkirchen, Siklós und Kapos­vár zu erobern. Im August 1687 wurde in der Schlacht am Berge Harsan nahe Mohac das türkische Hauptheer ver­nichtend geschlagen, worauf als Folge dieses Sieges im September/Oktober 1687 ganz Mittelslawonien zwischen Drau un Save, darunter die strategisch besonders wichtige Festung Osijek/Esseg erobert werden konnte. Im Septem­ber 1688 gelang es den kaiserlichen Truppén schlieBlich, das 1521 verloren gegangene Belgrád wieder zurück­zuerobern. 10 Schon seit der Eroberung der Festungen Pécs/Fünfkir­chen, Siklós und Kaposvár im Spatherbst 1686 lagen die noch von türkischen Besatzungen gehaltenen Festungen Szigetvár und Kanizsa als isolierte Inseln weit hinter den kaiserlichen Linien und seit dem Fali von Osijek/Esseg ini Október 1687 praktisch auf verlorenem Posten. 11 Den­noch kapitulierten die Festungen StuhlweiBenburg/Szé­kesfehérvár und Szigetvár erst im Mai 1688 bzw. im Jánner 1689. a Die türkische Garnison von Kanizsa jedoch hielt sich sogar bis Ende Márz/Anfang April 1690, d.h. sie kapitulierte erst 1 1/2 Jahre nach der Eroberung Belgrads durch die kaiserlichen Truppén (September 1688). Da die Bevölkerung der ungarischen Dörfer rund um die Festung Kanizsa jedoch dem Türkén gehuldigt hatte und deshalb zur Verproviantierung der türkischen Garni­son von Kanizsa verpflichtet wurde, war dieser Be­lagerung lange Zeit hindurch so gut wie kein Erfolg beschieden. Seitens der Grazer Hofkammer wurden nicht bloB die Bewohner der , ,gehuldigten Dörfer" sondern darüber hinaus die ungarischen Milizen immer wieder beschuldigt, gegen hohe Bezahlung die belagerte tür­kische Garnison mit Lebensmitteln zu versorgen. 13 Im Spatherbst 1688 erklárte ein türkischer Gefangener sogar, die türkische Besatzung von Kanizsa könne über diese merkwürdige Belagerung nur lachen. 14 Nur aus der berechtigten Angst der ungarischen Zivilbevölkerung vor Repressalien der türkischen Garnison istes wohl zu erklâ­ren, dali sie der türkischen Besatzung Lebensmittel lieferte und sich die Festung Kanizsa noch bis zum Früh­jahr 1690 behaupten konnte. Der Hofkriegsrat in Wien und die Innerösterreichische Hofkammer in Graz zogen aus den oben dargestellten Verhaltnissen die richtigen Konsequenzen. Im Winter 1688/89 erhielten die ungarischen Milizen, die zur Be­lagerung von Kanizsa eingesetzt waren, ihren Proviant nichtmehrin natura, sondern bekamen ihre Verpflegungs­sátze in Bargeld ausbezahlt. Das wirkte sich nach den An­gaben der Grazer Hofkammer auBerordentlich „heilsam" aus, weshalb man auch wàhrend des Feldzuges von 1689 den zur Belagerung von Kanizsa eingesetzten ungarischen Milizen weiterhin nur ein Verpflegungsgeld auszahlen wollte, wàhrend die deutschen Truppenteile ihren Provi­ant weiterhin in natura (Meni oder Brot) erhielten. 15 Darüber hinaus liefí General Adam Graf Batthyány, der die Blockade von Kanizsa leitete, die noch in den Dörfern der Umgebung verbliebenen Einwohner aussiedeln, wodurch die Türkén keine Proviantlieferungen mehr erpressen konnten. 16 Tatsáchlich bewirkten diese MaBnahmen im Laufe des Jahres 1689 eine drastische Verknappung der Lebensmit­telversorgung der türkischen Besatzung von Kanizsa. Es ist übrigens bezeichnend, daB die Auszahlung des Verpflegsgeldes an die zur Belagerung von Kanizsa ein­gesetzten ungarischen Milizen anstelle des Naturalprovi­ants unter anderem durch das korrupté Verhalten des wàhrend der Belagerung von 1688 eingesetzten Proviant­und Kriegskommissars Gotthard von Höfer ausgelöst wurde. 17 Die Lage der türkischen Garnison Kanizsa im Winter 1689/90 Gegen Ende des Jahres 1689 hatte sich die Verpflegssitua­tion der türkischen Besatzung von Kanizsa so dramatisch verschlechtert, dali am 31. Dezember 30 Türkén, darunter drei Ágas, in das vor der Festung gelegene Láger des Grafen Zichy überliefen. Sie berichteten einhellig über die in der Festung herrschende groBe Not und auch darüber, daB zwei reiche Türkén angeregt hatten, die Übergabe der Festung innerhalb von acht Tagén durchzuführen. Darüber hinaus meldete Zichy, daB die türkische Garnison ihre Feindseligkeiten weitgehend eingestellt habé und so­gar gegen die vor die Festung anrückenden Soldaten keine Schüsse mehr abgebe. 18 lm Laufe des Jánner 1690 lieBen die Türkén ihre Verhandlungsbereitschaft auch dadurch erkennen, daB sie einige gefangene Christen aus der Festung entlieBen. 19 Anfang Február 1690 wurde dem Grafen Stephan Zichy, der in Vertretung des erkrankten Grafen Adam von Batthyány die Belagerung leitete, ein Schreiben der türkischen Garnison an den GroBwesir überbracht; das Schriftstück wurde dem Grafen Jörger zur Weiterleitung übergeben. 20 Vermutlich kündigte darin die türkische Garnison dem GroBwesir ihre Absicht an, in Kapitulationsverhandlungen mit den kaiserlichen Truppén einzutreten. Am 22. Február 1690 berichtete Vizegeneral Zichy dem Hofkriegsrat, daB er gemeinsam mit General Adam von Batthyány die Festung Kanizsa zur Kapitulation aufgefordert habé. Leider hatten die Türkén jedoch auf

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