A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 10. (Veszprém, 1971)

Sági Károly: A balatoni „fakutya”

Der Balaton-Stuhlschlitten für Verkehr und Sport Zur Winterszeit ist die Seefläche des Balaton monatelang mit einem festen Eispanzer bedeckt. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen kam auf dieser Eisdecke der „fakutya" (Holzhund) genannte Stuhlschlitten ganz allgemein in Ge­brauch. Dieses Vehikel besteht aus einem auf Kufen mon­tierten Gestühl. Die Kufen haben wiederum eine Laufschiene, die es dem Fahrer, bzw. der Fahrerin ermöglicht, sich durch den Rückstoß zweier nagelbewehrter Stöcke fortbewegen zu können. In den damaligen Zeitungen wurde dieses Gefährt als ein dem Balaton seit alters her eigentümliches Fahrzeug gepriesen. In einem von János Jankó gezeichneten Artikel aus dem Jahre 1902 wird wiederum die Ansicht vertreten, daß dieses Gefährt erst in den 60-er Jahren des vorigen Jahr­hunderts im winterlichen Balatonland zur Verbreitung kam und zwar von der Stadt Keszthely aus im Südwesten des Sees. Das „fakutya" (Holzhund) genannte Vehikel hat aber auch in Keszthely nicht seine angestammte Heimat, wofür schon die Tatsache spricht, daß diese Bezeichnung erst im Jahre 1908 aufgekommen ist. Früher waren die Bezeichnun­gen „Schlitten", „Stuhlschlitten" oder „riskó" üblich. In der Umgebung der Stadt war das Wort „riskó" ehedem all­gemein gebräuchlich für ein Schlittenfahrzeug. Wir sind der Meinung, daß die Bezeichnung „fakutya" nach der Gegend von Keszthely aus dem benachbarten Öster­reich gekommen ist. Auf der Januar-Kopfleiste {Bild 1.) eines Wiener Kalenderwerkes für das Jahr 1859 erschien bereits ein solches schmuckes Gefährt als etwas Sportliches abgebildet. Dieses Sportmittel kann wahrscheinlich auf Kinderspielzeuge in Österreich und Deutschland zurückgeführt werden. Eine Beschreibung solcher Spielzeuge stammt von Otto Herman. Die älteste Abbildung eines derartigen Balaton-Stuhlschlit­tens (Bild 4.) geht auf das Jahr 1878 zurück. Der Kufen war aus dickem Hartholzbrett, während die späteren Kufen be­reits eine mehr schlittenartige Form hatten. Bei dem ältesten erhalten gebliebenen Gefährt dieser Art ist noch die Kufen­form nach dem österreichischen sogenannten „Knochen­schlitten" (Bild 2.) zu erkennen. Die Frage, wie dieses Fahrzeug überhaupt nach dem Bala­ton gelangte, um dort anfänglich als Verkehrsmittel zu die­nen, ist bisher ungeklärt. Feststeht nur, daß es sich nicht um einen winterlichen Zeitvertreib der in Keszthely ansässig gewesenen einstigen herrschaftlichen Familie Festetics ge­handelt hat, zumal hier damals ein mehr primitiver Typ be­kannt war und nicht die „modernere" Abart, wie sie in dem bereits erwähnten Wiener Kalender dargestellt ist. Es be­steht allenfalls die Möglichkeit, daß irgendein aus dem österreichen stammender Bediensteter der Grundsherrschaft für die Verbreitung des Balaton-Stuhlschlittens „verantwort­lich" ist. Möglich ist auch, daß jemand aus Keszthely, der in der alten „kaiserlichen und königlichen" Armee in Öster­reich gedient hat, diese Schlittenart nach dem Balaton brachte. Erleichtert wurde die Übernahme dieser Schlittenform auch durch den Umstand, daß zu dem seit Urzeiten gebräuch­lich gewesenen und auch heute noch benützten „Knochen­schlittschuh" ebenfalls zwei nagel bewehrte Stöcke zur Fort­bewegung gehörten. Bei uns in Ungarn wurde zur Fortbe­wegung auf einem solchen Schlittschuh gewöhnlich nur ein nagelbewehrter Stock benutzt, in Österreich gab es manch­mal auch deren zwei. Auf dem zugefrorenen Balaton war der mit einer eisernen Laufschiene ausgerüstete hölzerne Schlittschuh seit uralten Zeiten in Gebrauch. Abbildung 5 zeigt einen ähnlichen Schlittschuh aus Keszthely mit der Jah­resangabe 1878. Hierzu gehörten noch zwei von den erwähn­ten Stöcken. Diese Art hölzerner Schlittschuhe wurde dann im Laufe der Zeit von dem bereits erwähnten Kufengefährt vom vereisten Balaton verdrängt, jedoch der Einfall zur Ausgestaltung der Kufen-Laufschiene des Stuhlschlittens kam von diesem Schlittschuh selbst. Unlängst bekamen wir einen solchen, um das Jahr 1930 hergestellten Stuhlschlitten aus Ábrahám­hegy. Er ist aus Fichtenholz gefertigt (Bild 10.) ; als Lauf­schiene wurde ein gebrauchter Radreifen in die Kufen einge­arbeitet, der durch hölzerne Keile in ihnen festgehalten wird (Bild IL). Jene Stuhlschlitten, die auch eine Rückenlehne hatten, nannte der Volksmund „Herrengefährt". Diese Rückenlehne ermöglichte, daß das Gefährt von einer schlittschubewehrten Person von hinten her auf dem Eis geschoben werden konnte. Ohne eine solche Lehne hieß das Gefährt im Volksmund „Bauernschlitten". Außerdem gab es auch einen „Fischer­schlitten". Wie ein Vergleich mit der Abbildung 2 zeigt, ist auch hier österreichischer Einfluß erkennbar. Die Kinder in der Gegend des Balaton zimmerten eigen­händig ihre Stuhlschlitten. Zwei auf Kanten gestellte Bretter dienten als Kufen und der Sitz war holzkistenartig. Vorne waren die Kufen schief geschnitten, damit das gleitende Gefährt über kleinere Hindernisse leichter hinwegkommen kann. Als Gleitfläche diente ein dicker Eisendraht. Die Stöcke ersetzte ein nagelbewehrter ausgedienter Besenstiel. Die Stök­ke der Erwachsenen wurden zuweilen häuslich hergestellt, zuweilen aber auf der Drehbank gedrechselt. Gelenkschnallen waren unbekannt. Die Benützungsart der Balaton-Stuhlschlitten war ganz verschiedenartig. Kinder und Erwachsene fanden viel Freude an ihm. Mit dem Fahrzeug unterwegs konnte man die Zugrichtung der unter dem durchsichtigen Eis schwimmenden Fische gut beobachten. Mittels starke Axthiebe auf das Eis wurden diese Fische auch betäubt und konnten dann einfach ausgeschöpft werden. Diese Fangart dauerte aber nur einige Tage, denn je dicker der Eispanzer wurde, um so weniger drang das Auge in die Tiefe. Die zünftigen Fischer hoben ihre Beute auch aus dem auf­gebrochenen Eis —, sie gelangten dahin mittels Stuhl­schlitten. Das Nordufer des Sees bekam erst 1909 eine Eisenbahn. Bis dahin fuhren die Dorfbewohner des Nordufers mittels Stuhlschiittens nach dem Südufer, wenn sie etwas einzukau­fen hatten und dort erreichten sie auch die Eisenbahn, wenn sie ein entfernteres Reiseziel hatten. Aber wenn es unum­gänglich war, wurden auf dem Eis des Sees auch längere Fahrten gewagt. Gefahrlos waren solche Unternehmen na­356

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