Savaria – A Vas Megyei Múzeumok Értesítője 34./1 – (2011) (Szombathely, 2011)
TÖRTÉNETTUDOMÁNY - Orsolya Hanusz: Kinder des „Theater-kronos"
savaRia a Vas Megyei Múzeumok Értesítője 34/1 (2011) 287-300 Szombathely, 2011 Orsolya HANUSZ KINDER DES „THEATER-KRONOS" „Ein dramatisches Repertoire reicht nicht weit über ein Menschenalter hinaus. Der Theater-Kronos verschlingt nach und nach die meisten seiner Kinder und nur ein Shakespeare-Zeus bleibt etwa am vollen Leben und beherrscht die Bretterwelt durch ein paar Jahrhunderte (BAUERNFELD [1877] 1905. 227)." EINFÜHRUNG Das Theater und sein Publikum stehen in ständiger Wechselwirkung, deshalb sind Spielpläne geprägt durch den geistigen Horizont einer Gesellschaft in ihrer historischen Bedingtheit, welche diese hervorgebracht hat. Wie diese theatralischen Rahmen gestaltet werden, ist für den Querschnitt der jeweiligen kulturellen Situation einer Gemeinschaft kennzeichnend. Die Eigenheiten eines Spielplans in der Mitte der 1830er Jahre in Kőszeg (Güns) bilden ein Konzentrat der wesentlichen Elemente der bidermeierlichen Kulturlandschaft und etlicher „Unterhaltungsbetriebe" jener Jahre. Die lokalen Abweichungen von den bisher gesicherten theaterhistorischen Tendenzen erhellen den Stand des deutschen Theaterwesens im Komitat Vas, das auch die örtliche Entwicklung des ungarischen Theaters mitbestimmte. Die komparative Untersuchung des konkreten Spielplans mit jenen der nahe liegenden großen Theater in Wien und Pest und der städtischen deutschen Theater Transdanubiens in Sopron (Ödenburg) und Győr (Raab) komplettieren das Bild. Als eines der ergiebigsten kultur- und geschmackshistorischen Dokumente in dieser Hinsicht hat sich der Spielplan der Kőszeger deutschen Theatergesellschaft Josef Bannholzers aus dem Jahre 1837 1 erwiesen. Das von dem Souffleur Carl Ferdinand d'Ollbrich 2 zum Jahreswechsel herausgegebene Theatertaschenbuch - er nennt es im Widmungsvers „Büchlein" - beinhaltet das Personal der Gesellschaft, die Namen ,,sämtliche[r] Herren und Damen in alphabetischer Ordnung" und das Verzeichnis der vom 29. Oktober bis Ende Dezember 1837 aufgeführten Stücke in dem „Theater der königlichen Freistadt Güns". Den Inhalt des Heftchens ergänzen noch - dem gängigen Usus der Theaterkalenderverfasser entsprechend - humorvolle Neujahrswünsche in Form einer Ankündigung einer imaginären Benefizveranstaltung, ein komisches Vorwort in Versen, eine Theateranekdote und der eigentliche, gereimte Neujahrswunsch. Den Seltenheitswert dieses Quellenmaterials belegt der Umstand, dass - abgesehen von einigen wenigen vereinzelten Theaterzetteln - es die einzige, bisher zum Vorschein gekommene, durchgehende Auflistung deutscher Theaterstücke ist, die im Komitat Vas im 19. Jahrhundert nachweisbar zur Aufführung gelangt sind. 3 Um den Charakter des Repertoires dieser in Kőszeg (Güns) gastierenden Gesellschaft in ihren Grundzügen darzustellen, wird hier - anstatt das Verzeichnis dieser heute größtenteils nicht mehr gespielten Theaterstücke 1 Carl Ferdinand d'Ollbrich: Das neue Jahr 1838. Die handgeschriebene Abschrift des Theatertaschenbuchs befindet sich im Archiv des Komitates Vas. Dr. Horváth Ferenc levéltárigazgató (Szombathely) irathagyatéka. 1939-1993. (Hinterlassenschaft des Archivdirektors Ferenc Horváth), XXXI-13. 46. Karton. Das Original befand sich einst im Archiv des Stadtmuseums Kőszeg. Karton „Das kulturelle Leben Kőszegs ab 1800". 2 D'Ollbrichs Laufbahn wird lediglich durch seine erhalten gebliebenen Theater-Journale fassbar, die von oft sehr weit auseinander liegenden Aufenthaltsorten quer durch die ganze Monarchie zeugen. Er hielt sich 1836 noch in Temesvár, bei der Theatergesellschaft August Eduard Millers auf und gab den TheaterAlmanach zum neuen Jahr 1837 mit dem Programm der aufgeführten Theaterstücke vom 15. Oktober bis 25. Dezember 1836 heraus. 1837 widmete er dem Publikum den Kronstädter Theater-Almanach (s. HANKISS - BERCZELINÉ 1961. Nr. 1724.) 1840 erschienen schließlich seine „Erinnerungs-Blätter an das Theater in der Josephstadt" in Wien. 3 vgl. auch ( HORVÁTH 1958. 306-318., 1964. 204-213, 393-408.) Die Spielpläne der ungarischen Schauspielergesellschaften, die das Komitat Vas besuchten sind besser dokumentiert. Der Kőszeger Stadtrat Ferenc Csergeö notierte die Vorstellungen der ungarischen Wandertruppen ab 1819 in seinem Tagebuch. (Stadtmuseum Kőszeg A.70.48.15 LXVI/44. Fotokopie) Die Diplomarbeit Cecília Fischiis wertet außerdem die Rezensionen der ungarischen Zeitschrift „Honderű" aus (FISCHLI 1996.). 301