Savaria - A Vas Megyei Múzeumok értesítője 3. (Szombathely, 1965)
Zoltán Kádár: Über die Ikonographie der mythologischen Grabsteine von Savaria aus dem 2. Jahrhundert
Stellung auf dem Grabstein C. Sempronius Marcellinus aus dem trojanischen Mythenkreis stammt und eine wichtige Episode im Leben der Helena darstellt : wahrscheinlich das Erscheinen von Paris und Aeneas. Der Grabstein aus Ják, welcher leider sehr beschädigt ist, besteht aus einem edleren Material als der vorhin erwähnte. Das grosse (1 m hohe) Fragment bildete nur den oberen Teil der rechten Seite des Grabsteins, sodass nicht nur die Darstellungen verstümmelt sind, sondern auch die Inschrift ganz fehlt. Die den Giebel des Grabsteines verzierende Komposition der schlafenden Amors ist von mehreren savarianischen Grabsteinen her bekannt. Unterhalb der schlafenden Amors — welche ursprünglich eine bacchantische Komposition über das mythologische Sinnbild des Todes war und auf das Glück und die Fülle im Jenseits hinweisen sollte — folgte wahrscheinlich ein Kantharos zwischen den Panthern. Auf dem Relief des erwähnten Grabszteins aus Ják ist — im Gegensatz zu allen die Flucht der Iphigenie darstellenden Denkmälern — die Anordnung der Szene von rechts nach links gerichtet, ähnlich wie bei den italischen Helena-Reliefs. Ein wesentlicher Zug ist auch, dass der Oberkörper der weiblichen Gestalt auf dem Grabstein aus Ják unbekleidet ist, die kleinen Brüste und der äusserst plastisch geformte Unterkörper weisen genau denselben Typ auf wie die Helena des Sempronius Steines. Weiterhin erscheint Iphigenie in den Darstellungen der Flucht immer als bekleidete Frauengestalt, daher durfte auch schon Franz Altheim in einem an den Verfasser gerichteten Brief feststellen, dass er es für unmöglich hält, dass es sich hier um eine Darstellung der Iphigenie handeln könnte. Die Szene auf dem Jáker Grabstein, die Darstellung der mit der flüchtenden Gestalt ähnlich gekleideten liegenden Frauengestalt schliesst es aus, diese Szene als die aus Sparta flüchtende Helena zu deuten. Bei der Betrachtung der Darstellung auf dem Grabstein aus Ják müssen wir an jene späteren dramatischen Ereignisse im Lebender Helena denken, welche sich in der Endperiode der trojanischen Tragödie abspielten. Unter Beachtung der antiken Literatur ist es möglich, dass die liegende Frauengestalt auf dem Jáker Grabstein Aithra darstellt. Es ist für wahrscheinlich anzunehmen, dass auf dem Jáker Grabstein die nach dem Sturz von Troja das Schiff besteigende Helena dargestellt wird, zu deren Füssen Aithra (eventuell Polyxena) liegt. Auf diese Weise passt sich die mythologische Komposition des Jáker Grabsteines organisch der Thematik der Hauptszene des Sempronius-Steines an. Jene stellt das Anfangsereignis des trojanischen Krieges, die Verführung der Helena dar, diese hingegen den Schlussakkord der Geschichte der „trojanischen Helena", nämlich die vor dem Groll der Griechen aus der zerstörten Stadt zwischen den Toten flüchtende Frau. Zwischen diese beiden Antipole fügt sich die Flucht der Helena aus Sparta ein, welche auf dem Grabstein aus Bjelovar gezeigt wird, ferner das Treffen von Helena mit Menelaos auch der Verwüstung Trojas, wie dies auf den Reliefs in Acquincum und Westmark verewigt ist, ebenfalls im Rahmen der sepuelchralen Symbolik. [Abb. 2.] L ie Gestalt der Helena ist mit jener, auf dem in Savaria entstandenen mythologischen Grabstein abgebildeten Seléné verwandt, welche den schlafenden Endymion zu erwecken und zu verführen sucht und ebenfalls erotischen Charakter hat. Alle drei an der Savarianischen Werkstatt stammenden mythologischen Grabsteinreliefs (der Sempronius-Stein in Szombathely, die Denkmäler aus Ják und aus Kiskajd) sind also Teile einer einheitlichen Grabsymbolik. Die Darstellungen dieser Grabsteine weisen also in einer provinzialen Beziehung jene Eigentümlichkeiten der Gegensätze zusammenfassenden Anschauung der antiken Eskatologie auf, welche sich am vollständigsten in der Sepulchralkunst der Stadt Rom widerspiegelt. 166