A Nyíregyházi Jósa András Múzeum évkönyve 36. - 1994 (Nyíregyháza, 1995)
Róbert Kertész–Pál Sümegi–Miklós Kozák–Mihály Braun–Enikő Félegyházi–Ede Hertelendi: Mesolithikum in nördliche Teil der Grossen Ungarischen Teifebene
KERTÉSZ-SÜMEGI-KOZÁK-BRAUN-FÉLEGYHÁZI-HERTELENDI Periode (KERTÉSZ 1990/1993., KERTÉSZ 1991., KERTÉSZ 1992.a., KERTÉSZ 1993-, KERTÉSZ 1994a.). Die mesolithischen Fundorte konzentrieren sich um die Achse Jazygiens, das Zentrum des spätpleistozän-frühholozänen Einsenkungsgebietes (Abb. 1). Bisher entdeckten wir in einer etwa 20 km langen und 5 km breiten Zone, nahe den am Wasser liegenden Teilen der flachen Ufer und Auinseln der Ur-Zagyva und der Ur-Tarna, eine Anzahl mesolithischer Niederlassungen. Durch unsere seit 1990 systematisch durchgeführten Ausgrabungen an diesen freiländischen Fundstellen gewannen wir authentische archäologische und stratigraphische Daten über das Mesolithikum in Jazygien. Während unserer Ausgrabungen in geschlossenen Schichten, unter unberührten Siedlungsbedingungen, identifizierten wir mesolithische Jägerniederlassungen durch ihre charakteristische Mikrolithindustrie, Ockerschollen, Holzkohlestücke sowie eine große Menge „Küchenabfall" (Knochen und Zahnreste wilder Großsäugetiere bzw. Schildkrötenpanzer, Vogeleier, Schnecken- und Muschelschalen). Darüber hinaus konnten wir die Archäo-, Bio- und Lithostratigraphie der jazygischen mesolithischen Siedlungen verschiedenen Alters definieren. Übereinstimmend mit der typologischen Klassifikation bewiesen auch die letztgenannten Daten überzeugend die relativen chronologischen Unterschiede zwischen den einzelnen Mesolithstationen. Ausgehend von den in den letzten Jahren in Jazygien bestimmten (Jászberény I-II, Jászberény IV, Jászberény-Zsombékos I, Jásztelek I), sowie von den in der nördlichen Tiefebene bereits früher entdeckten (Tarpa-Márki tanya), aber bis heute nicht identifizierten Werkzeugreservoiren der mittleren Steinzeit ließ sich in der Region eine Fazies mit eigenständigen kulturellen-chronologischen Eigenheiten und charakteristischer Grundmaterialstruktur umreißen. Diesen mesolithischen Komplex führten wir in der Fachliteratur ausgehend von seiner Verbreitung unter der Bezeichnung ungarische Nordtiefebenen Mesolithindustrie ein. Die ungarische Nordtiefebenen Mesolithindustrie ist auf der Grundlage der bisher zur Verfügung stehenden Daten in zwei chronologische Phasen gliederbar. Die ältere, in die zweite Hälfte des mittleren Mesolithikums zu datierende JászberényPhase - eponymer Fundort: Jászberény I, Schicht C - gehört in das letzte Drittel der borealen Periode. Die jüngere, die spätmesolithische Jásztelek-Phase eponymer Fundort: Jásztelek I, Schicht B - ist an den Anfang des Atlantikums zu datieren (KERTÉSZ 1994. b. 11.33-, KERTÉSZ 1994.C.) Analyse und Rekonstruktion der Umgebung der mesolithischen Fundorte Das Karpatenbecken, und darin vor allem die Große Ungarische Tiefebene, ist - paleoökologisch betrachtet - eine der beachtenswertesten Regionen 2 Europas. Dieses etwa 100.000 km große Flachland unterscheidet sich markant von den Hängen der umliegenden Karpaten und des Dinarischen Gebirges, doch ungeachtet dieses Gebirgskranzes ist diese Ebene der Pässe und Durchbruchstäler der Donau und ihrer Nebenflüsse wegen faktisch in sämtliche Himmelsrichtungen offen. Heute ist die Große Ungarische Tiefebene eine Kulturlandschaft, deren Eigenschaften durch Entwässerung, Hochwasserschutz, Flußregulierungen sowie Monokultur geprägt wurden, das heißt, sie wurde künstlich homogen. In ihrem ursprünglichen Zustand hatte diese Landschaft ein weitaus vielfältigeres Antlitz; sie bestand aus grundlegend verschiedenen Sektoren ökologischer Zonen. Die Große Ungarische Tiefebene entstand durch eine tektonische Senkung, welche vor etwa 15-16 Millionen Jahren begann und auch heute andauert (SÜMEGHY 1944.146-159.). Dieser Vorgang beeinflußte das untersuchte Gebiet in Zeit und Raum in völlig verschiedener Weise; es zerfiel in Teilbecken, und durch Absenkung und Sedimentation entstanden die Makroformen und morphologischen Großeinheiten dieser Landschaft. Durch die - zeitlich versetzte - Absenkung der Teilbecken entstanden im nordöstlichen Bogen der Karpaten und der nördlichen Tiefebene, in dem Gebiet also, welches vor dem südlichen Vorland des Nordungarischen Mittelgebirges liegt, drei gut voneinander abzugrenzende Oberflächen bzw. ökologische Zonen: pleistozäne Ablagerungsgebiete - wie die der höchstgelegenen Ebenen -, das Niveau der pleistozänen Überschwemmungsgebiete sowie die Oberfläche der spätpleistozänen und frühholozänen Senkungen. Letztere bestimmen in der frühholozänen Periode das Oberflächen-Gewässergeflecht der einzelnen Mikroregionen, dessen Entwässerungsrichtungen, sie beeinflußten die Entstehung des Grundgesteins und dadurch den Boden, die Flora und die Fauna. Die mesolithischen Siedlungen im nordwestlichen Teil der Großen Ungarischen Tiefebene, in Jazygien, traten in jenem Raum- und Zeitrahmen auf, der zwischen der zweiten Hälfte der borealen Periode und dem Anfang des Atlantikums zu datieren ist, als sich infolge der makrolithischen Veränderungen im Karpatenbecken trockene, warme Vegetationsperioden herausbildeten (holozänes Temperaturmaximum, die durchschnittliche Juli-Temperatur lag über 22 Grad Celsius, winterliches Niederschlagsmaximum - starker Einfluß submediterranen Klimas). Unter diesen Umständen entfalteten sich die xerothermen Waldsteppen und Steppenelemente, die in der Großen Ungarischen Tiefebene bald dominierten. Die Gebiete, in denen sich Dank der guten Wasserversorgung eine üppige Flora herausbildete, wurden sowohl für die Tierwelt, als auch für die Jäger und Sammler der Mittelsteinzeit anziehender. Solch eine Landschaft war die spätpleistozän-frühholozäne 16 Jósa András Múzeum Évkönyve 1994