A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1979 (Debrecen, 1981)
Néprajz - Vajda Mária: Ernährungsgewohnheiten im „Deutschendorf” von Balmazújváros
Mária Vajda ERNÄHRUNGSGEWOHNHEITEN IM „DEUTSCHENDORF" VON BALMAZÚJVÁROS Wenn wir die wichtigsten Charakteristika der Ernährungsgewohnheiten im Deutschendorf von Balmazújváros, die in der vorliegenden Studie untersucht wurden, auffinden wollen, so müssen wir die Tatsache in Betracht ziehen, daß die Dorfgemeinschaft Balmazújváros vom historischen und vom ethnologischen Gesichtspunkt her keine homogene, gleichartige Gemeinde, keine vollkommene Einheit darstellte. Diese schon ethnisch gegliederte Gemeinde gliedert sich noch weiter auf in gesellschaftliche Schichten, wobei diese Gliederung im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung zwischen den einzelnen Schichten immer tiefere Abgründe schuf. Beachtet werden muß auch, daß die ethnischen Kleingemeinden (deutsch, ungarisch) ebenfalls eine selbständige, sich von der anderen Kleingemeinde unterscheidende Kultur weitervererbten. Als Frage bleibt offen, in wieweit diese Kleingemeinden gegenseitigen Einfluß aufeinander ausübten und in wieweit sie selbständig und unabhängig waren. An Interesse gewinnt diese Frage dadurch, daß die beiden Siedlungen, das „Deutschendorf" und das „Ungarndorf", die nebendeinaner entstanden, schon von Anbeginn an — zumindest auf rechtlicher Ebene — eine gleichgesinnte Gemeinschaft bilden mußten. Somit war die Möglichkeit des gegenseitigen Aufeinandereinwirkens gegeben. Gleichzeitig mußten wir bei der Untersuchung dieser Wechselwirkungen auch die Tatsache in Betracht ziehen, daß sich die Deutschen und die Ungarn auch wohngebietsmäßig voneinander absonderten. So ließen sich die Deutschen alle an einer Stelle, in dem sogenannten Deutschendorf nieder. Diese Gliederung in „Dörfer" hat sich — zumindest prinzipiell — bis zum I. Weltkrieg erhalten; und auch heutzutage ist sie noch spürbar. In den Grundzügen kennt jeder hier das Wohngebiet der Deutschen und der Ungarn, obwohl ein Unterscheiden zwischen dem Deutschendorf und dem Ungarndorf aufgrund der Mischehen, der vollkommenen Verungarisierung der Deutschen und anderer Faktoren keinerlei praktische Bedeutung mehr hat. Auch auf dem Gebiet der Volkskultur hat sich zwischen diesen beiden Nationen eine starke Angleichung vollzogen, wobei es sich hier in erster Linie um eine Angleichung an die Ungarn handelt. Dennoch ist eine ganze Reihe von Unterschieden bekannt, welche besonders in der Eßkultur zur Gültigkeit kommen. Ein Grund für die Unterschiedlichkeit gerade in der Ernährungskultur ist in ökonomischen Faktoren zu suchen. Aufgrund ihres klugen Wirtschaftssystems lebten die Deutschen im allgemeinen materiell gut abgesichert. Im Deutschendorf war selbst die ärmste Familie nicht so verkommen, wie im Ungarndorf; und dies wurde auch im Niveau der Ernährungskultur spürbar. Ein weiterer Hauptunterschied zeigte sich teils im Geschmack, teils in der Technik der Speisenzubereitung. Was die Geschmacksrichtung angeht, so bestand der hauptsächliche Unterschied darin, daß die Ungarn weitaus gewürztere Speisen kochten und mehr Paprika verwendeten als die Deutschen. Dagegen verwendeten die Deutschen viel mehr saure Sahne und Milch zum Kochen; sie bereiteten ihre Speisen sömiger als die Ungarn. Charakteristisch für die Speisen der Deutschen war der Abwechslungsreichtum und die praktische Seite. So brachten sie Essenreste in veränderter Form als neue Speise wieder auf den Tisch. Unterschiede in der Technik der Speisenzubereitung zeigten sich in erster Linie in der Verarbeitung des Schweinefleischs und bei den Speisen, die daraus bereitet wurden. Heutzutage tritt hier — durch das gegenseitige Übernehmen von Speisen — aber kein deutlicher Unterschied mehr auf. Daß in der Ernährung des Deutschendorfes eine Veränderung eingetreten ist, zeigt in unseren Tagen die Tatsache, daß unzählige alte Gerichte nur noch in der Erinnerung und bei der alten Bevölkerung lebendig sind; zubereitet werden sie heute nicht mehr. Einige Speisen, die man in früheren Zeiten sehr häufig verzehrte, kommen heute nur noch selten auf den Tisch; und wenn, dann in mehr oder weniger veränderter Form. Heute hat die Hausfrau nicht nur andere Speisezutaten zur Verfügung, sie kocht auch auf einem anderen Herd, in anderen Töpfen und geht auch mit den Zutaten nicht mehr sparsam um. Da die meisten der alten Speisen „schwere", das heißt schwer verdauliche Gerichte waren, werden sie selbst von der älteren Generation, die ihre Zubereitungsmethoden noch wohl kennt, in Anbetracht zeitgemäßer Ernährungsregeln und in Berufung auf den Gesund351