Demeter Zsófia (szerk.): Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis - Szent István Király Múzeum közleményei. C. sorozat 41. (Székesfehérvár, 2012)

Tanulmányok - Lukács Miklós: Das Bauopfer-Motiv in der deutschprachigen Literatur

Miklós Lukács: Das Bauopfer-Motiv in der deutschsprachigen Literatur eingeschlossen; die Bamberger Domkroten werden immer nachts abgerissen, und können nur durch ein Bauopfer bestehen (dasselbe gilt für den englischen Devonshire).42 Im gleichen Kapitel beschäftigt sich das Buch mit den Einmauerungsritualen, ln Dänemark war es üblich, unter den Altar der neuerbauten Kirche ein lebendiges Lamm, auf dem Kirchhof ein Pferd einzumauem. Mit diesen Opfern wollten die Menschen der Erde danken, die die Last des Baus auf sich erduldet. Außerdem kann gutes Wetter durch die Opferung eines Hahns herbeigerufen werden; bei Viehseuchen kann man ein Stück der Herde unter der Stalltür eingraben, um so dem Tod sein Opfer zu bringen; Kinder wurden in die Brücke zu Halle, in die Burg Liebenstein, in die Ringmauer des Schlosses Reichenfels eingemauert. Diese Kinder wurden mit Essen und Spielzeug auf die Baustelle gelockt und während sie sich unterhielten, wurden sie eingemauert. Es existiert der Volksglaube, dass wenn jemand neben dem Grundstein eines neuen Baus vorübergeht, in einem Jahr sterben werde. Die Bauleute ließen deshalb auf dem Grundstein ein Lamm, oder einen schwarzen Hahn abschlachten, oder sie als erste den Grundstein überqueren. Selbst in Merlins Geschichte kommt ein Bauopfer vor, beim Turm des Königs Vortigern. Das Bauopfer in Theodor Storms Schimmelreiter Jeder Germanistik-Student kennt die unglückliche Geschichte des Deichgrafen Hauke Haien. Was aber einigen entgangen ist, dass eine der niedlichsten Szenen der Novelle ein vereiteltes Bauopfer in sich trägt. Als die (sich mit den Protagonisten schon verfeindeten) Deicharbeiter ein kleines Hündchen in die Deichgrube werfen wollen, kommt Hauke Hainen in der letzten Minute angeritten und zieht den Hund aus der Grube. Als er sich die Arbeiter vornimmt, antworten sie: „.. .der es tat, hat recht getan; soll Euer Deich sich halten, muss was Lebiges hinein!” Als dann der Deichgraf fragt, „aus welchem Katechismus” sie diese Idee genommen haben, antworteten sie: „Aus keinem, Herr! Das haben unsere Großväter schon gewusst, die sich mit Euch im Christentum wohl messen durften. Ein Kind ist besser noch; wenn das nicht da ist, tut’s auch wohl ein Hund!”43 Mit dem Ende der Debatte möchte ich mich hier nicht mehr beschäftigen, der Punkt ist, dass sich in dieser Szene klar und deutlich ein Bauopfer-Ritual abspielt. Denn die Bauleute wollten hier ein Lebewesen aufopfern, um den Deich standfest zu machen, und wenn ein Kind da gewesen wäre, hätten sie es wahrscheinlich auch in die Grube hineingeworfen. Aus der Novelle stellt sich heraus, dass sich die Arbeiter der abergläubisch-religiös-rituellen Natur ihrer Tat überhaupt nicht bewusst waren, sie haben nur ihre Großväter nachgeahmt. Sie haben überhaupt nicht versucht Geister/Götter/Dämonen zu besänftigen, sie sahen in der Opferung einen ganz gewöhnlichen Teil der Bauarbeit, wie zum Beispiel das Graben des Deiches. Hauke Haien hingegen fand diese Sitte barbarisch und war darüber sehr erzürnt. Diese ganze Szene beweist für meine Abhandlung eines: Wenn schon die Großväter der Arbeiter von dieser Sitte wussten (Storm schrieb seine Novelle an der Wende des 19-20. Jahrhunderts), war das Bauopfer Anfang des 19. Jahrhunderts in Norddeutschland immer noch in Brauch. Eins würde mich noch interessieren: Wusste Storm, was er niederschrieb? Kannte er die Ursprünge oder den eigentlichen Zweck dieser Tat? War er sich des „religiösen” Inhalts bewusst? Oder schrieb er nur nieder, was am Ort seiner Kindheit erlebt hat? Das bleibt ein Rätsel. WAS IST DIE SAGE? Leander Petzoldt betrachtet die Sage als eine mündliche Erzählung, die in einem Erzähltext fixiert und damit eine sowohl orale als auch literale Sprachform ist.44 Sie erweckt den Anschein, als ob die erzählten Vorgänge wirklich passiert wären und sie versucht es auch, dies durch verschiedene Belege zu beweisen. Selbst übernatürliche und phantastische Ereignisse werden als real dargestellt. Inhaltlich erzählt die Sage meistens die Auseinandersetzung des Menschen mit den Naturgewalten, mit den übernatürlichen Mächten, mit der historischen Realität, oder eben mit sich selbst. Neben dem Märchen und dem Mythos ist die Sage die älteste Form der menschlichen Erzählung. Im Gegensatz zu den Mythen und Märchen sind die Sagen immer relativ kurz und haben eine einfache Erzählweise. Weiterer 42 GRIMM 1951, 956. 43 STORM 1996, 722. 44 PETZOLDT 2002, 58-59. 56

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