Demeter Zsófia (szerk.): Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis - Szent István Király Múzeum közleményei. C. sorozat 41. (Székesfehérvár, 2012)

Tanulmányok - Lukács Miklós: Das Bauopfer-Motiv in der deutschprachigen Literatur

Alba Regia 41. (2012) MIKLÓS LUKÁCS DAS BAUOPFER-MOTIV IN DER DEUTSCHSPRACHIGEN LITERATUR Welche Frau als Erste ihnen Essen brächte, Mittagbrot im Korbe, Sollte %wischen Steinen eingemauert werden, Sollt' verbrannt im Mauerwerf der stolen Feste werden... (Auszug aus der Ballade der Frau des Maurermeisters Kelemen)1 Als vor 400 Jahren das Schloss wieder neu erbaut wurde, vergab der Graf den Bau nur an dem Baumeister, der sich verpflichtete nach Vollendung des Baues das erste Lebewesen, das das Schloss betrete... fest^unehmen und ein^umauem. (Auszug aus der Sage Das Bauopfer von Gobelsburg)1 2 Der erste Auszug ist aus einer sehr bekannten ungarischen Ballade, die jedes ungarische Kind schon in der Grundschule (im Gesang- und Literaturunterricht) kennenlernt; der zweite Auszug gehört zu einer weit weniger bekannten Sage aus Niederösterreich, das vielleicht nur in der Umgebung von Gobelsburg mehr oder weniger von Bedeutung ist, aber anderswo in Österreich bestimmt nicht. Was ist das gleiche in den zwei Werken? Beides handelt von einer Person (einer Ehefrau und einem kleinen Mädchen) die in ein Gebäude eingemauert wurde, um es vor dem Einsturz und allerlei bösen Mächten zu schützen. Die Wissenschaft bezeichnet dieses Geschehen mit dem Fachwort Bauopfer. Das Ritual des Bauopfers ist in der Steinzeit geboren und bestand bis zur Ende der Neuzeit (in einigen isolierten Gebieten lebt es vielleicht heute noch) und war auf der Ganzen Erde verbreitet von Japan durch Europa und Afrika bis zum amerikanischen Kontinent. Selbst die Biblel berichtet von einem Bauopfer, zumal hat Bethel den Grundstein Jerichos auf seinem erstgeborenen Sohn Abiram gelegt, und für den Bau der Stadttore seinen jüngsten Sohn Segub geopfert hat.3 In Südosteuropa hat es eine reiche Fachliteratur, und hat auch in der Belletristik Fuß gefasst: In Siebenbürgen existiert die Ballade des Kelemen-Ehepaares, unter den Rumänen die Ballade des Klosters von Árgyes (Curtea de Arge5), in Griechenland das Opfer von der Arta-Brücke, aber auch in der Woiwodina, in Georgien und unter den Mordwins existieren darüber Geschichten. Aber in Deutschland? In Österreich? In der Schweiz? In Westeuropa? Wenn man in einer Berliner (oder auch Wiener) Schule danach fragt, was wäre die Antwort der Lehrer oder Schüler? Sie würden den Fragenden mit großen, offenen Augen anstarren und nicht einmal wissen, was ein Bauopfer ist. Tatsächlich wurde das Thema im Westen ziemlich vernachlässigt, besonders in der Belletristik: Es gibt sehr wenige Geschichten, ja nur Andeutungen über Einmauerungen aus ritualischen Gründen, Balladen, Gedichtförmige Erzählungen schon gar nicht. Bauopfer werden nach dem heutigen Wissen nur in zwei wirklich bekannten Werken erwähnt: In der Deutschen Mythologie der Gebrüder Grimm, sowie in Theodor Storms Schimmelreiter. Gibt es also keine Aufzeichnungen über dieses Motiv in den deutschsprachigen Ländern? Gibt es also keine Geschichten, die solche Ereignisse auf irgendeiner Weise verewigen? Die Antwort ist: Doch, es gibt welche. In ihrem Buch Die Kuenringer in Sage und Legende veröffentlicht die Volkskundlerin Margot Schindler die Geschichte des Bauopfers von Gobelsburg, welche sie im Sammelband Frau Saga im Niederösterreichischen Waldviertel gefunden hat. Ihr Buch geriet mir in die Hände, so begab ich mich während meines Sommerstipendiums der ARGE-1 GRAGGER 1926, 29. 2 SCHINDLER 1981, 86. 3 Erstes Buch der Könige, 16., 34. 43

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