Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
László Kósa: Die Kaminheizung
hatte infolgedessen auch keine Füße.(35) In der Walachei wurden die Rauchfänge ebenfalls an die Decke befestigt, hatten auch keine Füße, waren aber schon weitbäuchiger und standen näher zum Feuer.(36) Die von uns reichlich dokumentierten siebenbürgischen Kamine beugen sich aber geradezu über das Feuer. Während unter den balkanischen Rauchfängen das Feuer auf dem Boden oder allenfalls auf einem ganz niedrigen Bänkchen brennt, befindet sich die Mehrheit der siebenbürgischen Feuerstätten in Sitzhöhe, den weiter nördlich, westlich und östlich benützten Heizvorrichtungen ähnlich. Auf diese Art kommt der Rauchfang, gestützt von der Wand und meistens auch von Füßen, noch näher zum Feuer.(37) Die Funktion des siebenbürgischen Rauchfanges beschränkt sich nicht mehr nur auf Rauchabzug und Funkenfangen, sondern erstreckt sich — mit gleicher Bedeutung — auch auf die Erwärmung, mit besonderem Hinblick auf das kältere, extremere Klima. Der Rauchfang, aus Geflecht, Brettern mit dickem Lehmverputz, oder gar aus Kacheln gebaut, dient als Wärmespeicher, der in der Räumlichkeit die Wärme ausstrahlt. Dasselbe gilt auch für die Kaminheizung in der Ungarischen Tiefebene und im nordöstlichen Teil des ungarischen Sprachgebietes (kandalló, kabola). Alles in allem sind wir der Ansicht, daß die im besagten Gebiet befindliche und dort typische Feuerungsanlage, der Kamin, obschon weitere Verbindungen zweifellos zum Balkan und dem Mittelmeerraum hindeuten, dennoch ein selbständiger Typ ist, der sich in Siebenbürgen entwickelt hat. 7. Es stellt sich die Frage, ob im hier behandelten Gebiet (Siebenbürgen, Ostrand der Tiefebene und noch weiter nördlich) die Feuerungsanlage geschlossen oder offen war, bevor die unlängst erforschten Heizvorrichtungen entstanden wären. Gestützt auf die archäologische Erschließung von mittelalterlichen ungarischen Dörfern, haben wir gewisse Anhaltspunkte in bezug auf die Tiefebene. Die frühesten Ausgrabungen (11.—12. Jh.) bezeugen, daß die in den Häusern befindlichen niedrigen Öfen entweder in die Wand der bis zur Hälfte in den Boden versenkten Wohnungen oder aus Lehm gebaut wurden. Offene, höhere Feuerungsanlagen hätten in den niedrigen Häusern schwerlich benützt werden können.(38) Allerdings gab es auch zahlreiche Öfen außerhalb des Wohnhauses, ja, es ist sogar anzunehmen, daß man vor denselben im Freien gekocht hat.(39) Ausgrabungen von Siedlungen des Spätmittelalters (16.—17. Jh.) zeigen uns ein anderes Bild: Die Stube wurde von einem Backofen bzw. Ofen erwärmt, der von außen, aus der Küche geheizt wurde und zumeist mit Ofenkacheln oder sogar mit dekorativen Fliesen besetzt war. Zum Kochen und Backen diente der Lehmofen, der aus der Küche durch die Wand ins Freie hinausreichte.(40) Die frühen Funde lassen ohne Zweifel geschlossene Feuerungsanlagen erkennen, was bei den späteren nicht unbedingt festzustellen ist. Wir wissen nicht, ob es in der Stube, neben dem Ofen oder Backofen, nicht noch eine weitere, kleinere Feuerstätte gab, die hier womöglich zur Beleuchtung diente. In Kenntnis der in Transdanubien bis zu diesem Jahrhundert in Gebrauch gebliebenen, aus der Küche beheizten Kachelöfen, der kontinuierlichen Spuren der in der Tiefebene freigelegten Objekte aus dem 16.—17. Jh.(41) sowie der in der ganzen Tiefebene bis heutzutage erhalten gebliebenen schoberförmigen Öfen meinen wir annehmen zu dürfen, daß es in den Abb. 3.: Cserepes (etwa: Kachelofen) aus dem Szeklerland (nach K. Cs. Sebestyén) Stuben der ausgegrabenen Häuser keine offenen Feuerstätten gab. An Hand dieser Angaben müssen wir ferner sagen, daß der Kamin (offene Feuerstätte) gegenüber dem Ofen (geschlossene Feuerstätte) in der östlichen Hälfte des Gebietes jenseits der Theiß nicht primär ist.(42) Eine Schwäche unserer Behauptung ist allerdings die Tatsache, daß mittelalterliche Siedlungen gerade in jenen Teilen der Tiefebene noch nicht erschlossen wurden, wo infolge rezenter ethnographischer Sammeltätigkeit der Kamin zum Vorschein kam. Doch angesichts der Linie Muhi — Túrkeve — Doboz (35) Ferenc Nopcsa 1912, 50; 1925, 50; 1925, 76—93; V. Frolec 1966, 86, 89, 90; 1967, 94—98. (36) T. Bänäteanu 1960, 84—87. (37) T. Bänä(eanu betrachtet die walachischen und die siebenbürgischen Feuerungsanlagen als separate Typen (1960, 84—85). In seiner Darstellung unterscheidet sich die eigene Entwicklung in Siebenbürgen ganz deutlich von der der südlichen Teile (Walachei). Auch rechnet er mit dem Eindringen nördlicher Elemente (100). (38) Andor Leszich—István Éri—Alajos Bálint 1959, Abb. 13; Julia Kovalovszky 1964, 131—135, 138; István Méri 1952, 58—59, 60, 61, 1954, 145—148; 1964, 10, 18, 59, 60. (39) István Méri 1964, 45—46: fand die Überreste der Tonkessel, die auf den freien Feuerstätten vor dem Haus benützt wurden, nicht aber die Feuerstätten auf der Erdfläche. Diese wurden wahrscheinlich schon früher zerstört. (40) László Papp 1931, 137—152; 1939, 389—390; Kálmán Szabó 1938, 88—100; Alajos Bálint 1962, 52; István Méri 1954, 145, Taf. XXXVII; 1957, 182—207. (41) László Papp 1939, 389—390 zitiert aus einer früheren Schrift von László Madarassy; dieser hatte im Jahre 1870 in Kecskemét noch mit einer alten Frau gesprochen, die ihm die Verwendung der Ofenkacheln erklärte. (42) Diesen Standpunkt vertritt (bzw. zu diesem neigt auch Zsigmond Bátky (1934, 8—13), der in den Feuerungsanlagen der Ungarischen Tiefebene, in Ställen, Koben usw. untergebracht, den Ausgang der Heizvorrichtung des ungarischen Wohnhauses sieht. István Balogh (1947, 215— 216) und László Dám (1968, 249—257) sehen eine organische Verbindung zwischen den in Winzerhütten, Ställen, Räucherkammern erhalten gebliebenen einfachen Feuerstätten und der Kaminheizung. Unseres Erachtens handelt es sich hier um getrennte Erscheinungen; eine Verbindung zwischen den beiden suchen könnte man nur mit einem größeren, beweiskräftigen Angabenmaterial. Zwischen dem Rauchfang und Funkenfänger in der Ställen von Großkumanien, wie sie István Györffy beschrieben hatte, und der Kaminheizung der Wohnstuben gibt es u. E. keine organische Verbindung. (1910, 140—141). 143