Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
József Szabadfalvi: Intensive Schweinerassen in Ungarn
gezüchtet (Szuhay 1982, 111—112), im Hegyköz-Gebiet (Kom. Abaúj) verbreitete es sich in der zweiten Hälfte des 19. Jh. (Petercsák 1972, 508). In der Ortschaft Abara (Kom. Zemplén) züchtete man in diesem Jahrhundert das „ungarische Mangolica-Schwein mit gekräuseltem Haar“ (EA, Inv. Nr. 6340, 264). In den Dörfern des Komitats Bereg wurden in den 30er Jahren unseres Jahrhunderts die Mangalica- und die sog. englischen Schweine in einer Herde gemeinsam gehütet. Bezeichnenderweise war der Eber immer Mangalica. Zum Jahrhundertbeginn wurden nur Fettschweine gezüchtet, die man zumeist „ungarisches Schwein“ nannte (Tagán, EA, Inv. Nr. 1858, 3). In Székelyvarság (Kom. Udvarhely) wurden einst ebenfalls Mangalica-Schweine gehalten, wo es „in dreierlei Arten vorkommt: gelb, schwarz (mit weißem Gürtel um den Rumpf [ung. : kesely oder örvely], Vorderteil und Rücken schwarz) und grau. Im Dorf gibt es 200—250 Schweine und 2 Eber, diese werden von der Gemeinde gepflegt.“ Um 1940 finden sich bereits auch sog. halbenglische Schweine, doch das offizielle „Vatertier“ der Gemeinde gehört noch immer der Mangalica-Rasse an (Tagán, EA, Inv. Nr. 1855). Die Fleischschweine Die zielbewußte Viehzucht begann im 18. Jh. im Kreise der englischen Viehzüchter. Mit einer ausdauernden und äußerst sorgfältigen Selektionsmethode wurden nacheinander die verschiedenen neuen, intensiven Tierrassen hochgezüchtet, so z. B. die ersten englischen Rindvieh- und Schweinerassen. Im Falle der letzteren bestand das Ziel im höheren Fleischertrag, in der schnelleren Entwicklung und im größeren Nachwuchs. Unterdessen veränderte sich auch der Geschmack der Konsumenten. Es konnten immer weniger Fettschweine verkauft werden, dafür erhöhte sich jedoch der Anspruch auf die in Westeuropa bereits bekannten Fleischschweine. Den Zeitpunkt, da sich die in Westeuropa hochgezüchteten Fleischschweine in Ungarn akklimatisiert haben, können wir nicht mit einer genauen Jahreszahl in Verbindung bringen. In einer Agrarzeitschrift werden 1860 bereits die Hybriden eines Yorkshire-Ebers und Mangalica-Mutterschweines erwähnt. Sie waren länger und beanspruchten eine intensivere Einstallung (Magyar Gazda 1860, 317). Auf der Landeskonferenz der Schweinezüchter wurde — neben den Mangalica-Schweinen — die Züchtung der exportfähigeren Fleischschweine angeregt. Laut Angaben von Ernő Éber betrug der Anteil der Fleischschweine am gesamten Schweinebestand 1885 10%, 1895 15 und 1921 20% (Éber 1961, 343—344). Zur Verbreitung der neuen, intensiven Schweinerassen trug — vor allem seit 1910 — sowohl der Anstieg der Futterproduktion als auch die Umgestaltung der Fütterung bei. Die uralten regionalen Rassen und sogar auch das Mangalica-Schwein konnte man noch extensiv, meist aus natürlichen Futterquellen — Weide im Sommer, Eichelmast im Winter — züchten. Fleischschweine können aber nur mehr in Intensivverfahren, d. h. mit fortlaufender Fütterung und Einstallung, gehalten werden. Diese Tatsache wurde auch von der agrargeschichtlichen Literatur nachgewiesen (Balogh 1972, 422). Der Schweinebestand Ungarns und Siebenbürgens konnte um die Jahrhundertwende erhebliche Zuwachsraten verzeichnen (Balogh 1972, 415): 1884 4 803 639 1895 6 447 131 1911 6 415 246 Die Regierung bemühte sich tunlichst, die Züchtung der Fleischschweine zu fördern. Im Jahre 1905 ließen allein die Mitglieder der Molkereigenossenschaft des Komitats Torontál 500 Fleischschweine aus England importieren, 1911 wurden in den südlichen Komitaten 2870 Mutterschweine dieser Art verteilt (Éber 1961, 344). Immerhin verbreitete sich das Fleischschwein noch in der ersten Hälfte des 20. Jh. sehr langsam in Ungarn. 1933 betrug der Anteil der Fleischschweine 18 Prozent (bei 82% Fettschweine) (Benes 1934, 71). Laut Péter G unsz t betrug dieser Anteil 1925 nur 5,9%, 1933 schon 19,0% (1969, 378). Zwischen 1938 und 1944 wurden folgende Werte für die Stückzahl und den prozentuellen Anteil aufgezeichnet (Csöppüs 1972, 200): Fettschwein Fleischschwein St. V / 0 St.°/ / O 1938 4 231 000 81,0 999 000 19,0 1939 4 570 000 78,7 1 238 000 21,3 1940 3 691 000 80,0 20,0 1941 3 560 000 78,8 958 000 21,2 1942 4 239 000 69,2 1 887 000 30,8 1943 3 562 000 68,8 1 533 000 30,2 1944 4 079 000 75,6 1 317 000 24,6 Da über die Entwicklung des ungarischen Schweinebestandes Ende des 19. Jh. und im 20. Jh. in der ökonomischen und wirtschaftsgeschichtlichen Literatur (Dorner 1908, 1925; Éber 1961, 339; Gaál 1966, 436; Csöppüs 1972) ausführlich berichtet wird, möchte ich diese Frage hier nicht behandeln. Auch die ungarische volkskundliche Literatur bestätigt die vorangehenden Angaben: Im Ormánság-Gebiet (Süd- Transdanubien) zeichnete János Kodolányi im Jahre 1952 folgende Aussage eines Gewährsmannes auf (EA, Inv. Nr. 3881, 2): „Das englische (Schwein) begann man ungefähr in den 80—90er Jahren zu halten, damals kam das Schwein mit dem krummen Rüssel in Mode. Ich hatte keines, ich hatte dieses nackte Schwein nicht gern”. In Taszár (Kom. Somogy) verschaffte sich ein Bauer namens Fürdös in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg „einen englischen Eber, den er sich für Geld mit der Mangalica-Sau des einen oder anderen Bauern paarten ließ. So begann die Vermischung. Von nun an gab es in der Herde Schweine mit verschiedener Haarfarbe (ung. kese, pöttyös, csira, félcsira), bis dahin war unsere Herde rein weißhaarig. Zur Zeit der Vermischung brach die erste Schweinepest aus“. (Takáts, EA, Inv. Nr. 3824, 10) In Csákánydoroszló (Kom. Vas) „wurde das weißhäutige englische Schwein kese disznó genannt. Man hielt es für so schwach, daß es gleich beim ersten Windstoß zu husten begann“. (Dömötör, EA, Inv. Nr. 2488, 19) Auch in Szánk (Kiskunság-Gebiet) erschien das Fleischschwein bereits um die Jahrhundertwende, aber ein zügiger Fortschritt erfolgte erst in der Zwischenkriegszeit (Janó 216