Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)

Béla Gunda: Einige ethnobotanische Probleme des Triticum spelta L.

Azerbaijan und Turkmenien angebaut. In der Gegend von Fergana wird aus dem Dinkelmehl ein Fladen von beson­ders guter Qualität gebacken (Janusevic 1976, 73; Bregadze 1982, 82). In Zentralasien wird der Dinkel zwischen den Reihen der Pfirsichplantagen erfolgreich gezüchtet, wegen der Zerbrechlichkeit der Ähren jedoch ebenso geerntet wie Tr. monococcum und Tr. dicoccum: Die Ähren werden mit einem hölzernen zangenförmigen Gerät (grusinisch snakvi). abgebrochen. Heutzutage werden die Spelzweizenarten in Georgien, Armenien und im spanischen Asturien mit die­sem Gerät geerntet (Janusevic 1976,73—74; eine Abbildung des Gerätes s. Citaja 1960, 318). Sein Gebrauch wird ausführlich von Bregadze 1982, 86—87 und Bdojan 1972a, 33—35 beschrieben. Es ist wohl nicht notwendig, die westeuropäischen archäo­logischen Dinkelfunde hier ausführlich aufzuzählen, zu­mal darüber zahlreiche Publikationen erschienen sind, die den Fachleuten bekannt sein dürften. Ich möchte lediglich an die Ergebnisse einiger Abhandlungen erinnern. J. Schultze-Motel und J. Krause boten uns einen Überblick über die prähistorische Verbreitung von Tr. spelta im Jahre 1965, andere noch später. Verbreitung der Dinkelfunde: Norditalien (Bronzezeit, Eisenzeit), Schweiz (Spätneolithikum, Bronzezeit), Frankreich (Neo­lithikum, Eisenzeit), Süd-, West- und Mittel-Deutschland (Spätneolithikum, Brozezeit, frühe Eisenzeit), Dänemark (Spätneolithikum, Bronzezeit), Schweden (mittleres Neo­lithikum, Eisenzeit, Völkerwanderungszeit), Süd-England (Bronzezeit, frühe Eisenzeit). Die Funde aus römischer Zeit haben wir aus Süd-Deutschland, Österreich, Däne­mark, England, Italien, Schweden (Schultze-Motel und Krause 1965, 586—594; s. noch Jäger 1966, 289—291; Willerding 1970, 387—375). Diesen Überblick ergänzt die Arbeit von G. Jorgensen, der das Vorkommen von Tr. spelta vom Neolithikum über Bronze- und Eisenzeit bis zur „Roman period“ (einschließlich „native and Roman sites“) graphisch darstellt (Jorgensen 1979, 141—142). Seine Mitteilung habe ich im Vorangehenden berücksich­tigt. Neuerdings schrieb M. Hopf eine vorzügliche Zusammenfassung über die Dinkelfunde. Er meint, daß die Dinkelfunde „aus dem schweizerisch-deutschen Alpen­vorland ... dem Endneolithikum zuzurechnen” sind. Auch in Frankreich sind uns Dinkelfunde aus dem Neo­lithikum und der Bronzezeit (Saône-et-Loire) bekannt. Laut M. Hopf erstreckte sich der Dinkelanbau in der Römerzeit und im Mittelalter auf ganz Europa (Hopf 1984, 467). Einige Dinkelspelzenabdrücke sind an neolithi­­scher Keramik in Italien zu finden (Foggia, Emilia; Castel­­letti 1975, 155—199; Follieri 1973, 49—50), doch gibt es auch Funde aus der Bronze- und Eisenzeit (Helbaek 1967, 282; Jorgensen 1979, 141—142). Zu diesen Funden sind einige Bemerkungen angebracht. Nach Süd-England wurde der Dinkel wahrscheinlich von den Kelten gebracht (Bertsch 1949, 41; Werth 1954, 410). ln bezug auf die Benennung verschiedener Weizenarten durch die römi­schen Schriftsteller ist M. Hopf eher pessimistisch (Hopf 1954, 467), doch können wir die nachstehende philologische Feststellung nicht außer acht lassen: „Lat. spelta, belegt nicht vor dem Edictum Diocletiani 301, stammt nach Hieronymus (j"420) aus dem Pannonischen: das bedeutet in Zeiten, als Sueben und Longobarden in Westungarn saßen, Entlehnung aus einer germanischen Sprache. So ist spelta eines der frühesten germ. Lehnwörter im. Lat. Spelta seinerseits ist Quellwort für ital. spelta, spelda, span., port, espelta. frz. (13. Jh.) épeautre. Kenn­zeichen der spelzartigen Weizensorten ist, daß beim Dre­schen die Körner von den Hüllspelzen umschlossen bleiben ; von da geht der Name des Getreides aus, der von Spelze .Hüllblatt der Körner, Spreu’ nicht getrennt werden darf.“(Kluge 1975, 723; vgl. Bertsch 1949, 42—43).(9) Die altfranzösische Form: espelte, espeaute, espealt (Bárczi 1938, 21). Pvätselhaft bleibt freilich, wie der Dinkel früher in Italia hieß. Doch stellt sich generell die Frage, wie diese Kulturpflanze im Neolithikum und in der Bronzezeit in den verschiedenen europäischen Gebieten heißen mochte. Ist nicht etwa in einer europäischen Sprache ihre prähis­torische (urindogermanische) Benennung erhalten geblie­ben? Im Mittelalter sind seit dem 8. Jh. (759 n. u. Z.) auch in Urkunden Auskünfte über den Dinkelanbau enthalten (Württemberg, Hessen, Baden, Hohenzollem, Elsaß, Rheinpfalz, Bayern, Liechtenstein, Vorarlberg, deutsche Schweiz), der bis Ende des 18. Jh. verfolgt werden kann. In der Zehentordnung von Kaiser Josef II. (1782) wird der Dinkel im Innviertel als zehentbar eingestuft (Bertsch 1949, 43). Ein Mannigfaltigkeitszentrum dieser Getreide­pflanze ist die Schwäbische Alb (Bertsch 1949, 45). Aufgrund des Vorangehenden ist aus dem Wissen­schaftsbereich die Theorie von R. Gradmann endgül­tig zu streichen, wonach die Geschichte des Dinkels mit dem schwäbisch-alemannischen Stamm eng verknüpft sei. Sein Verbreitungsareal in Deutschland stimmt seit dem 8. Jh. bis heute mit dem uralten Siedlungsgebiet des schwäbisch-alemannischen Stammes überein, von hier aus verbreitete sich die Pflanze in andere Teile Europas. (Auch TESz. vertritt die Ansicht, daß der Dinkel aus der Gegend des Oberlaufes des Rheins sich in Europa verbrei­tet hat.) So kam sie auch ins spanische Asturien, wo sie infolge der germanischen Feldzüge (Sueben) in die Reihe der Kulturpflanzen aufstieg (Hermerich, 409). R. Grad­­mann verfaßte seine Meinung zu Beginn dieses Jahr­hunderts und äußerte sich noch 1942 folgendermaßen zum Dinkel: „Nach dem übereinstimmenden Ergebnis der verschiedensten Untersuchungsmethoden ist diese Frucht, die früher für römisch galt, auf mitteleuropäischem Boden selber entstanden (so auch nach E. Schiemann), und zwar in dem Raum, der später vom schwäbisch-alemanni­schen Stamm besetzt wurde; mit diesem Stamm ist sie auch dauernd verknüpft geblieben. Archäologisch nach­gewiesen ist sie nur in bronzezeitlichen Pfahlbauten der Schweiz und Oberschwaben, sonst überhaupt nirgends. Freilich ist sie hier nicht etwa aus einer wilden Urform hervorgegangen, sondern aus der Kreuzung von zwei älteren Kulturformen, die selber erst von außen einge­führt waren, Emmer und Zwergweizen“ (Gradmann 1942, 109). R. Gradmanns Meinung war dennoch nicht nutzlos, denn sie veranlaßte die wiederholte Aufnahme der Dinkelforschung. Etnographen, Botaniker und Archäolo­(9) Vgl. Spelt, Spelz < ahd. spëlta, spëlza, mhd. spëlte, spëlze; Dinkel -= ahd, dinchel, thincil, dinkil, mhd. dinkel. Andere Bedeutungen von Dinkel: Emmer, Kern, Korn, Spelt, Vesen, Zweikorn (Kluge 1975, 134). Beide Wörter sind un­durchsichtig. Vgl. noch Schiemann 1932, 144. 191

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