Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
Béla Gunda: Einige ethnobotanische Probleme des Triticum spelta L.
gen widmeten dieser Kulturpflanze erhöhte Aufmerksamkeit. Es waren gerade R. Gradmanns Forschungen, die auch Zs. B á t k y aneiferten, sich mit der Geschichte verschiedener Kulturpflanzen in Ungarn (Hirse, Einkorn, Buchweizen, Mais, Kartoffel, Hanf, Lein) zu beschäftigen. Seine diesbezüglichen kurzen Aufsätze sind wahre Meisterwerke ethnographischen Denkens (Bátky 1918, 23—25; 1921: 107—113). Der Dinkel ist in der Tat eine uralte Getreideart, die ehemals auf umfangreichen Gebieten verbreitet war. Seine spätere, beschränkte und reliktartige Verbreitung ist nicht die Folge dessen, daß er auf einem gewissen engen Gebiet entstanden und sein Anbau mit einem bestimmten Volksstamm verknüpft wäre, wie von R. Gradmann vermutet. Höchstwahrscheinlich ist er vielmehr auf dem früheren umfangreichen Verbreitungsareal ausgestorben, wurde vom gemeinen Weizen verdrängt und blieb nur in einigen Reliktgebieten erhalten, wo die Ackerbaukultur noch andere altertümliche Wesenszüge behalten hat (Hjelmqvist 1955, 50). Bei ihren Wanderungen konnten freilich die germanischen Stämme den uralten Dinkel mit sich genommen haben. Der gegenwärtige Dinkelanbau in Westeuropa (SW.Deutschland, belgische Ardennen, Luxemburg, West-Tirol, Vorarlberg, deutsche Schweiz) hing früher mit dem Dinkelgebiet Mittel- und Osteuropas (Ungarn, Polen, Rumänien, Moldau, Ukraine usw.) eng zusemmen. Kein Wunder, daß in Österreich im Frühling 1988 Franz Gerhard in seiner Grünbacher Konditorei beim Schneeberg aus selbstgezüchtetem Dinkel zubereitetes Brot und sonstige Backwaren anbot. Offenbar traten im Dinkelanbau Schwankungen in Zeit und Raum ein, es gibt kleinere und größere Nebengebiete, wo lokale Subspezies entstanden, so etwa in Thüringen um die Städte Ohrdruf und Arnstadt (Bertsch 1949, 45—46). Der Dinkelanbau Asturiens sollte noch aus archäologischer, geschichtlicher, philologischer, ethnographischer und botanischer Sicht untersucht werden. Schon früher wurde hier die römische Provenienz befürwortet (Schiemann 1932, 146). Bei der Betrachtung des asturischen Dinkelanbaues dürfen wir die Ansicht von J. Dias nicht außer acht lassen. In NW.-Portugal, in Galicia, hätten nämlich die suebischen Eroberer zahlreiche Kulturelemente eingeführt (Dreschflegel, Hirse, Kleidungsstücke, Rechtsgebräuche, (Debrecen) folkloristische Texte usw.), auch lenkt er — nach J. P i e 1 — unsere Aufmerkasamkeit auf zahlreiche Ortsnamen germanischer Herkunft. Im Norden Portugals sei früher auch der Dinkel kultiviert worden, ist aber seither schon ausgestorben (Dias-Oliveira-Galhano 1963, 208—234; Dias 1968, 192). Manche wandernde Volksgruppen konnten auch anderswo den Dinkel in ihre neuen Siedlungsstätten mitgenommen haben, da sie an den selbstgezüchteten Varietäten festhielten. Die Wandervölker meinten, daß sie in der neuen Heimat kein entsprechendes Saatgut finden würden. So konnte sich auf die uralte neolithische und bronzezeitliche Schicht des Dinkelanbaues ein neuerer Anbau auflagern. Mehrere Beobachtungen bezeugen, daß die wandernden, umgesiedelten Volksgruppen die von ihnen benützten Pflanzen mitnehmen. In Ungarn nahmen z. B. die Wanderzigeuner zu Beginn dieses Jahrhunderts die Körner verschiedener Heil- und Zauberpflanzen mit sich, säten sie an ihren provisorischen Lagerplätzen aus, damit ihnen die betreffenden Pflanzen zur Verfügung stehen, wenn sie dorthin zurückkehren (Rapaics 1916, 3). Über Crociris iridiflorus (Crocus banaticus) wird geschrieben, daß die Wurzel eßbar ist und daß die Pflanze, zusammen mit Crocus balcanicus im Süden und Südwesten Siebenbürgens dort vorkommt, wo die balkanischen Wanderhirten erschienen (Archivf. Anthr. 1911, 565).Nach demII. Weltkrieg wurden zahlreiche Ungarn (rund 76 000, dazu kamen noch 15—20 000 weitere ungarische Flüchtlinge) aus der Slowakei nach Ungarn gewaltsam übersiedelt. Einige umgesiedelte ungarische Bauern brachten Körner ihrer beliebten Weizenart mit, um diese in der neuen Heimat weiterzuzüchten. Solche und ähnliche Anhänglichkeit an gewisse Kulturpflanzen erklärt uns, wieso Pflanzen wie Tr. monococcum, Tr. dicoccum und Tr. spelta auch in unseren Tagen noch angebaut werden. Blickt man auf die prähistorischen Zeiten zurück, so scheint die Verbreitung des Dinkels durch Kulturkontakte weitaus wahrscheinlicher zu sein als seine — an verschiedenen Stellen voneinander unabhängige — Entstehung durch Hybridisation oder Mutation, selbst wenn die genetischen Voraussetzungen dazu gegeben waren. Diese Meinung eines hervorragenden dänischen Archäo-Botanikers (Helbaek 1952, 107) sollten wir auch heute nicht vergessen. Béla G unda 192