Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
Béla Gunda: Zsigmond Bátky (1874 - 1939)
verweisen auf die Geschichte der Siedlung und der Bevölkerung, auf ihre Wanderungen und die Veränderung der Eigentumsverhältnisse. Die Donau war keine Grenzlinie: Bodenbesitze mancher Siedlungen erstreckten sich an beiden Ufern (Kom. Fejér, Komárom). Entlang der Donau waren die Prozesse wegen des Fischereirechtes ebenso häufig wie in anderen Landschaften wegen des Grundbesitzes. Die Fischerei wirkte sich auch auf die Hanfkultur aus, da das Hanfgarn zu den großen Fischernetzen notwendig war. Laut B á t k y wird Transdanubien durch den Plattensee, den Bakonyer Wald sowie die Gebirge Vértes, Pilis und Gerecse in zwei, einander ungleiche, Kulturgebiete aufgeteilt. Er versuchte, das Siedlungszentrum des Hunnenkönigs Attila zu lokalisieren, welches in der Gegend von Szeged gewesen sein könnte. Attilas Residenz wurde möglicherweise aus Lärchenholz gebaut, geflößt auf dem Fluß Maros (1918, 128—35). Bis in die 1920er Jahre zeigt B á t k y relativ weniger Interesse für das Hirtentum. Allerdings äußerte er schon früher seine Ansicht, wonach in Siebenbürgen die Szekler ursprünglich keine Schafhalter, sondern Rinder- und Pferdezüchter waren. Dies bezeugt auch ihr Verbleiben in ihrem uralten Wohngebiet, während die Schafzüchter nicht ortsgebunden sind, sondern die sog. Hirtenmigration betreiben, wie dies bei den Rumänen zu beobachten ist. Sein erster längerer Aufsatz zur Thematik des Hirtentums handelt vom Trinkbecher (1928). Diese kleinen Holzgefäße, meint er, seien ein Beweis für die wechselseitige Beeinflussung des ungarischen und slowakischen Hirtentums. Auch die alteuropäische Beziehung einiger Trinkbecherformen is klar. In seinen Beiträgen zur Frage der „uralten“ ungarischen Pferdezucht kommt er aufgrund sorgfältiger Untersuchungen — im Unterschied zu den Sprachwissenschaftlern — zu dem Schluß, daß die Wogulen und Ostjaken ursprünglich keine Pferdevölker waren. Ihr Wirtschaftsleben war nicht durch die Pferdezucht gekennzeichnet. Die Ungarn seien erst nach der Fühlungnahme mit den türkischen Völkern ein Reitervolk geworden (NÉ. 1929, 119—21; 1930, 162—164; 1931, 131). Zs. B á t k y schrieb mehrere zusammenfassende Abhandlungen über die ungarische Volkskultur, die auch in englischer und italienischer Sprache erschienen sind (1928, 1929). Aus diesen Studien gehen die modernen Grundsätze und Methoden der Ethnikumforschung hervor. Bei der Bestimmung eines Ethnikums nimmt Bátky die Ergebnisse der anthropologischen Forschungen in Betracht, aber nicht nur im osteologischen und kraniologischen Sinn. Er untersucht auch die Körperhaltung, die Wirkung der Arbeit auf die Statur und bemerkt den überraschend reichen Wortschatz der ungarischen Sprache in bezug auf Körperhaltung und -große. Er wirft die Frage der Verbindung zwischen der geographischen Umwelt und der Statur auf. Der Einfluß des Berglandes auf die Haltung und Bewegung der Szekler steht ohne Zweifel. Bátky betont in diesen Schriften die Bedeutung der volkspsychologischen Untersuchungen und beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit der Denkweise und dem ästhetischen Sinn des ungarischen Bauern. Seine Aufmerksamkeit erstreckt sich auch auf das Verhalten; er hebt insbesondere den Arbeitsfleiß, die Neigung zu Freundschaften, den Humor und die klare Sprache des ungarischen Bauern hervor, der zudem aufrichtig ist und ruhig, nicht in sich verschlossen und nicht überheblich. Seine Ruhezeit ändert sich je nach dem Arbeitsrhythmus. Den findigen, unternehmerischen Geist repräsentieren am besten die Szekler (1905, 173—237; 1918, 132—159). Zs. Bátky war maßgeblich daran beteiligt, daß in den Jahren 1933—1937 die „Ethnographie des Ungartums“ (A Magyarság Néprajza. Bd. I.—IV.) erscheinen konnte. Diese großartige Arbeit ergänzt ähnliche Unternehmungen von U. T. S i r e 1 i u s im finnischen, von I. Manninen im estnischen, von K. Moszynski und D. Z e 1 e - n i n im slawischen Bereich sowie verschiedener deutscher Autoren (z. B. Adolf S p a m e r, W. P e s s 1 e r ). Zs. Bátky ist der Verfasser von drei bedeutungsvollen Abschnitten des ungarischen Sammelwerkes (Nahrung, Bauwesen, Handwerk). Die Einzelheiten seiner Zusammenfassungen zu beschreiben, wäre ein Ding der Unmöglichkeit, und so will ich mich auf einige Gedanken beschränken, die ich dem Kapitel über Nahrung entnehme. Bátky erörtert nicht nur die ungarischen Speisen, Gewürze und Getränke, sondern auch die Geräte und Methoden zur Verarbeitung und Haltbarmachung der Rohstoffe, die verschiedenen „Feuergeräte” sowie die patriarchalen Bräuche, die die Mahlzeiten der in Haus- und Eigentumsgemeinschaft lebenden Bauernfamilien kennzeichnen. Er lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Unterschiede zwischen den Speisen der Wochen- und Feiertage, der verschiedenen bäuerlichen Schichten, so wie auch auf die archaischen Überbleibsel im Kreise der armen Leute. Im Unterschied zu den Speisen der Slawen und Rumänen, ist für die ungarische Küche die Vielfalt der Zubereitung bezeichnend. Die Gerichte sind wohlschmekkend. Nicht ohne Grund konnte der englische Reisende E. Brown im Jahre 1673 schreiben, daß es in ganz Europa nichts Vergleichbares mit dem ungarischen Brot gäbe. Es überrascht, wie fachkundig der auch im Privatleben höchst bescheidene Zs. Bátky die bäuerliche Kochkunst, die Wertordnung der Speisen wie ein international anerkannter Gastronom zu erklären vermag. An dieser Stelle sei noch eine bedeutungsvolle Abhandlung erwähnt, in der Bátky über die Bedeutung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in bezug auf die ethnographischen Forschungen schreibt und den Plan aufwirft, den Ungarischen Ethnographischen Atlas, das Ungarische Ethnographische Lexikon und eine ethnographische Bibliographie herauszugeben, sowie ein akademisches Forschungsinstitut für Ethnographie und noch manches andere ins Leben zu rufen (1933, 15—21). Diese Pläne sind gerade in unseren Tagen — dank dem Verständnis und der materiellen Unterstützung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften — in Verwirklichung begriffen. Zs. Bátky ist auf dem Gebiet der ungarischen ethnographischen Forschungen von überragender Bedeutung. Die Fragen und Probleme der allgemeinen Ethnographie waren ihm ebenso wohlbekannt wie die ungarischen Arbeitsgeräte, das Wohnhaus, die Siedlung, die Volkstracht, die Volkskunst und die Urbeschäftigungen. Unter Beibehaltung seiner geographischen Anschauung versetzte er die ethnographischen Erscheinungen in eine historische Perspektive und betrachtete die Untersuchung des Alltagslebens der ungarischen Bauernschaft als eine akademische Aufgabe. Mit reger Aufmerksamkeit beobachtete er alle etnographischen Strömungen seines Zeitalters und paßte sie, nach 12