Anders Alexandra – Lőrinczy Gábor szerk.: A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 12. (Szeged, 2011)

SOMOGYI Péter: Byzantinische Fundmünzen in der Awarenforschung — eine Forschungsgeschichte von den Anfängen bis zum Jahre 2010

Byzantinische Fundmiinzen in der Awarenforschung Sigle OBXX (Sa­19). Zumal unter dem nächsten Posten (Sabatier I 252/2) gerade so ein leichtge­wichtiger Solidus beschrieben ist (SABATIER 1862, l, 252, Nr. 2; SABATIER 1862, 3, Taf. 26, 28), fragt man sich mit Recht, warum im Inventarbuch nicht auf diese Nummer hingewiesen wurde. Haben wir es wieder einmal mit einem Flüchtigkeitsfehler zu tun, oder war der Solidus von Kiskundorozsma ein normal­gewichtiges Exemplar, welches dann zu einem späteren Zeitpunkt mit einem leichtgewichtigen Stück ausgewechselt wurde? Für die zweite An­nahme scheint auch zu sprechen, dass 1872 min­destens zwei Solidi des Focas aus dieser leicht­gewichtigen Emission im Münzkabinett vorlagen (die prägestockidenten Stücke von Kula und aus der Sammlung Weszerle) und das Museum ge­wöhnlich keine Stücke kaufte, die das Münzka­binett bereits besaß. In diesen Jahren wurden auch im Banat drei byzantinische Goldmünzen des 7. Jahrhunderts entdeckt. Die Rede ist von zwei Solidi des Con­stans II. vermutlich gleicher Emission, die am 10. Juni 1870 während Bauarbeiten an der Eisenbahn­trasse in der Gemarkung von Orczyfalva (heute Orti§oara, RO) zutage kamen, und von einem Soli­dus des Focas, der 1871 in Körtéd (heute Kruscica, SRB) aufgelesen wurde. Weil mit den zwei Solidi des Constans II. auch eine unverzierte Silber­schnalle gefunden wurde, ist es sehr wohl möglich, dass durch die Erdarbeiten ein Grab angeschnitten und zerstört wurde. Die Silberschnalle, einer der zwei Solidi des Constans II. und der Focas-Solidus gelangten später in die Sammlung des Zsigmond Ormós, des Obergespans des Komitats Temes (Sa-55 und Sa­16). Im Gegensatz zu den bis jetzt besprochenen byzantinischen Fundmünzen, die gleich oder bald nach ihrem Eingang in das Antiken- oder in das Münzkabinett des Ungarischen Nationalmuseums mindestens in Form eines Kurzberichtes veröf­fentlicht wurden, blieb der Fund von Orczyfalva bis 1890, der Solidus von Körtéd bis 1907 der For­schung unbekannt. Die 95 römisch-byzantinischen Goldmünzen, die Zsigmond Ormós seit den 1860er Jahren sammelte, wurden der Öffentlichkeit ohne­hin erst dann zugänglich, als sie der Museums­verein Temesvár aus dem Nachlass des 1894 ver­storbenen Sammlers erwarb und als István Patzner das Verzeichnis der erworbenen Goldmünzen in der Történelmi és Régészeti Értesítő, in den Mit­teilungen des Vereins, im Jahre 1896 veröffent­lichte (PATZNER 1896, 47-53). Hier sind die Stücke mit ausführlicher Beschreibung, jedoch ohne Hin­weis auf ihre Provenienz aufgezählt. Ob es sich aus diesem oder einem anderen Grund ergab, wissen wir nicht, Fakt ist jedoch, dass Patzners Liste in den Werken des Bódog Milleker und des István Berkeszi, in den ersten und in der späteren Lite­ratur immer wieder zitierten Repertorien über Süd­ungarns archäologische und numismatische Funde (MILLEKER 1896; MILLEKER 1899; MILLEKER 1906; BERKESZI 1907), 3 0 nicht referiert wurde. Mit der Folge, dass das Patzner'sche Verzeichnis gar nicht ins Blickfeld der Forschung rückte und erst hun­dert Jahre nach seiner Veröffentlichung wiederent­deckt wurde (SOMOGYI 1997, 33-34, 70-71). Dass der Fund von Orczyfalva bereits 1890 im Druck erwähnt wurde, liegt darin begründet, dass Zsigmond Ormós einige seiner Sammlerstücke, darunter auch die Silberschnalle von Orczyfalva, im Jahre 1889 dem Museumsverein Temesvár übergab. Im nächsten Jahr ließ der Verein das Übergabeprotokoll, in dem bei der Erwähnung der Silberschnalle auch auf die Fundumstände und auf die zwei mitgefundenen Solidi des Constans II. hingewiesen wurde, in seinen Mitteilungen ab­drucken (ORMÓS 1890, 65). Weil den Erstbericht über den Fund von Orczyfalva sowohl Milleker als auch Berkeszi zitierten, geriet im Gegensatz zu Patzners Liste diese Literaturstelle nicht in Vergessenheit. Während im Jahre 1899 Bódog Milleker noch dem Übergabeprotokoll entsprechend über den Fund berichtete (MILLEKER 1899, 172), wusste István Berkeszi im Jahre 1907 bereits, dass auch die zwei Goldmünzen von Orczyfalva in die Sammlung Or­mós und mit ihr dann ins Südungarische Museum Temesvár kamen (BERKESZI 1907, 28-29). In seinem Repertórium über Südungarns Münzfunde zählt Berkeszi u.a. auch alle Münzen aus der Sammlung Ormós auf, zu denen er in den damals noch zu 30 Die NichtVerwendung des Patzner 'sehen Verzeichnisses kommt in erster Linie hei István Berkeszi sehr merkwürdig vor, weil ihm diese Liste nachweislich bekannt war. Die von ihm verfasste Verlustliste über die im Jahre 1904 aus dem Museum gestohlenen Münzen ( BERKESZI 1905) stellt einen Auszug aus Patzners Liste dar, wobei Berkeszi sogar die Reihenfolge der aufeinanderfolgenden Positionen unverändert ließ. Aber auch als Kustos des Südungarischen Museums Temesvár war er nicht nur mit der ihm anvertrauten Münzsammlung, sondern auch mit den bis 1907 erschienenen 32 Folgen der Vereinsmitteilungen bestens vertraut ( BERKESZI 1907, 7). 183

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