A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 5. (Szeged, 1999)
NAGY Margit: Ornamenta avarica II. A fonatornamentika
Fußplatte des Fibelpaares von Testona (Abb. 2. 2) für einen Übergang zwischen der Schlaufenornamentik: und der AStufe des II. Stils. Die Achterschleifenmuster wurden schon von den langobardischen Goldschmieden in Pannonién angewandt (Várpalota, Grab 19 und Kápolnásnyék) (Abb. 2. I, 4). Dieses Geflechtmuster wurde von Werner zu den Verzierungen spätantik-pannonischer Tradition gerechnet (WERNER 1962, 37-38). Nach den Forschungsergebnissen von Roth begann die A-Stufe des II. Stils in Italien und sie dauerte bis zum Ende des 6. und Anfang des 7. Jahrhunderts. Die B-Stufe des II. Stils wurde bis zur Mitte des 7. Jahrhunderts verwandt (ROTH 1971; ROTH 1973, 74-113, 285-287). Hans Bott widmete 1976 eine lange Studie der Problematik des Gräberfeldes von Környe. In einem Kapitel dieser Studie faßte er seine Meinung über die transdanubischen Gegenstände mit Zahnmuster zusammen (BOTT 1976, 246-262). Er wies darauf hin, daß Hans Zeiss schon auf die Verwandtschaft der fränkischen und awarischen Goldfunde aufmerksam machte, so u. a. auf die Ähnlichkeit der Zierweise der Christus-Scheibe aus Linon und der Goldgegenstände der Jankovich-Sammlung. Er ging auf eine Ursprungsmöglichkeit der Zähnung als Verzierungselement, nämlich auf die quergestreifte Leiterbänder ein. Im awarischen Milieu ist der „magische Knoten", z. B. das Bandkreuz ein beliebtes Motiv, es kommt meistens in der mittelawarischen Gruppe, in der die Blechgegenstände dominieren, vor. Die Achterform dient als das häufigste Flechtbandschema zu den awarischen Tierkompositionen. Er rekonstruierte die kaum erkennbare Geflechtverzierung einer der gepreßten Riemenzungen von Környe (BOTT 1963, Abb. 5. 3-^4), und wies darauf hin, daß das „herzförmig" genanntes Motiv die Vereinfachung der aufeinander projezierten Vierbandflechten ist. Die Geflechtmuster, die von Fettich wegen der Zähnung für vereinfachte Tierdarstellungen gehalten wurden, spiegeln also das frühe Stadium der Tierornamentik des II. Stils aus dem ausgehenden 6. Jahrhundert. Es ist nicht zu entscheiden, wie lange die antiken Motive, wie z. B. der Herakles-Knoten im Karpatenbecken verwandt wurden, aber die auf gegossenen Riemenzungen auftauchenden Geflechtmuster, besonders das Sanduhr-Blasenmotiv von Cikó/Fönlak/Arad-Typ, können auch noch mit in das 8. Jahrhundert datiertbaren Gegenständen vorkommen (BOTT 1976, 268-272). István Bona veröffentlichte 1956 die damals bekannten langobardischen Funde, darunter auch die Schmucksachen (BONA 1956,187-198). Im Jahre 1974 machte er - in Kenntnis der Funde der von ihm freigelegten langobardischen Gräberfelder - das Auftreten des germanischen Tierstils im Donau-Gebiet, die Entfaltung des II. Stils kurz bekannt. Eine seiner wichtigen Feststellungen ist: „Im Gegensatz zu der in der Fachliteratur vertretenen Auffassung finden sich in der Kunst der pannonischen Gépiden und Langobarden noch keine zuverlässigen Spuren des II. Stils. Der einzige Fund, der Merkmale des IL Stils erkennen läßt, ist der goldene Ring des Mezőbánder Grabes 39, der sich anhand der übrigen Grabbeigaben in der Awarenzeit datieren läßt. In der frühawarischen Kunst war der IL Stil unter dem Einfluß der germanischen Nachbarvölker ziemlich stark verbreitet" (BONA 1974, 65). Er bewertete das neue langobardische Material folgenderweise: „Hingegen bietet die vergoldete und niellierte Gürtelverzierung des Grabes 34 von Szentendre hinsichtlich der Chronologie der völkerwanderungszeitlichen Kunst Europas eine Überraschung. Mit dem Schädeldach einander zugekehrte „walrossartige" Menschenmasken kannte man bislang nur aus italischen Langobarden- und Bajuwarengräbern der Zeit nach 568. Folglich müssen die maskenverzierten Gürtelbeschläge eine Generation früher entstanden sein, eine Zeitbestimmung, der die pannonische Kunst der Langobardenzeit nicht widerspricht" (BONA 1974, 66). In seiner Studie über die großen awarischen Funde des 19. Jahrhunderts behandelte István Bona die Frage des awarischen Tierstils in Beziehung mit den awarenzeitlichen Goldgegenständen der Jankovich-Sammlung und den awarischen Funden von Farkasrét. Seiner Meinung nach vertreten die um die Wende des 6. und 7. Jahrhunderts datierbare Jankovich-Schnalle und die aus der zweiten Hälfte oder aus dem letzten Drittel des 7. Jahrhunderts stammende Schnalle des Grabes HI von Igar — nach der Datierung des italischen langobardischen Tierstils — die zeitlichen Randwerte des II. (gezähnten) Stils. I. Bona erörterete die Frage vom Standpunkt der Zeitstellung aus; zum Ursprung der Ornamentik nahm er keine Stellung (BONA 1983, 81-160). Günther Haseloff legte in seinem großen, im Jahre 1981 erschienenen zusammenfassenden Werk ausführlich dar, daß der II. Stil im süddeutschen Gebiet auch von den Langobarden unabhängig entwickelte. Die Wirkung der mediterranen Kultur und das Auftreten der Flechtbandornamentik können im süddeutsch-alemannischen Gebiet vor dem Erscheinen der Langobarden in Italien mit einer Priorität beobachtet werden. Der Geflechtstil byzantinischen Ursprungs gelangte von den Franken zu den Alemannen, die die Darstellungen des nördlichen Tierstils gut kannten und verstanden und diese mit den Geflechtmustern südlichen Ursprungs schöpferisch verbanden (HASELOFF 1981,609-614). Nach der Meinung von Haseloff wurde der nördliche I. Stil von den Langobarden nicht nur übernommen, sondern in ihrer pannonischen Periode selbständig auch weiterentwickelt. Aus dem Vorkommen des dreiteiligen Sechsbandtmusters (Korbflechtmuster) der Fibeln des Grabes 56 von Szentendre ist es darauf zu schließen, daß sie die mediterrane Flechtbandornamentik schon in Pannonién unmittelbar von der Verzierungskunst der byzantinischen Architektur leihen konnten (HASELOFF 1981, 673-697) (Abb. 3. 3-3a). An der Marburger Konferenz der Ornamentikforscher erörterte Birgit Arrhenius im Jahre 1983 die christlichen Beziehungen des II. Stils anhand der Christus-Scheibe von Linon. Ihrer Meinung nach basiert die späte Datierung des II. Stils allein auf der Datierung der italischen langobardischen Kunst nach 568. Der II. Stil hängt laut Arrhenius mit der Christianisierung der Germanen zusammen, während die Verbreitung des neuen Stils an die Tätigkeit der miteinander in Beziehung stehenden Klosterwerkstätten zu knüpfen ist. Mit Böhner stimmt sie darin überein, daß dieser Prozeß nicht im Norden, sondern im fränkisch-alemannischen Gebiet begann. Arrhenius hielt die Revision der Datierung des II. Stils für notwendig (ARRHENIUS 1986, 129-151). Die Verfasserin dieser Studie versuchte im Jahre 1987 in ihrem Vortrag an der Konferenz von Spoleto die traditionell awarischen Tierstil genannte Ornamentik zu bestimmen und klassifizieren. Die zoomorphisierte Geflechtornamentik vertritt den „Tierstil" im awarischen Gebiet am häufigsten, d. h. die Tierfiguren wurden durch die Skizzierung des Flechtbandschemas entworfen. In sich gibt es also weder einen