A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve, 1964-65. 2. (Szeged, 1966)

Dienes, István: Über neuere Ergebnisse und Aufgaben unserer archäologischen Erforschung der Landnahmezeit

Kaufleute auch nach Ungarn, vor allem von Osten (von Byzanzund Kiew) her gelangt: so gibt es in den Friedhöfen des Südalföld sehr viele Sachen der Goldschmiedekunst von byzantinischem, Donau-bulgarischem, slowenischem Charakter oder nach dem Muster dieser verfertigt (z. B. Ringe, die halbmondförmigen Ohrringe von Tápé-Lebő usw.). Das lebhafte Handelsleben im Karpatenbecken wird sehr schön durch den aus dem Bestand eines Wanderhändlers der frühen Arpadenzeit stammenden, in der Umgebung von Tokaj verborgenen Schatzfund illustriert, in welchem byzantinische, russische, balkanische und ungarische Gegenstände gleichmässig anzutreffen sind {Kádár Z., Der Schatzfund von Tokaj und seine byzantinisch-slawischen Beziehun­gen. Publicationes Instituti Philologicae Slavicae Universitatis Debreceniensis 1961, 193—209; vgl. noch: Banal., Der Silberschatz von Darufalva. Acta Arch. Hung. 16, 1964, 166). Über das Vorhandensein eines Handelsstrasse über die Nordost-Karpaten zeugt noch der grosse Dirhem-Fund von Huszt. Der Nachlass der ungarischen Sippenaristokratie und des militärischen Gefol­ges ist natürlich mit dem Nachlass östlicher, auf demselben Weg der feudalen Ent­wicklung befindlicher Völker in vieler Hinsicht verwandt. Das Aufkommen von iden­tischen Kulturgütern zeugt von derselben Entwicklungsstufe, von denselben Bedürf­nissen und Ansprüchen, was alles hauptsächlich mit Rücksicht auf die damalige Mode von unseren Meistern befriedigt werden musste {Dienes I., Einige gemeinsame Züge der frühfeudalen Kulturen Osteuropas. SemSlav 1963). Die charakteristischen Stilmerkmale der wertvolleren Gegenstände erscheinen auch auf den in breiteren Kreisen gebräuchlichen Gegenständen : auf mit Tauschierung geschmückten Steig­bügeln, Zäumen, Satteln, knöchernen Schnitzwerken, bei denen der Verdacht kei­neswegs aufkommen kann, dass sie Erzeugnisse fremder Meister wären. Es gibt auch solche Gegenstände, an denen die Spuren von nachträglichen Verbesserungen und Ergänzungen in dem Stil des Originals gehalten und auf dieselbe Weise ausgeführt zu erkennen sind. Gleichfalls von der Wirksamkeit hiesiger Meister zeugt der Um­stand, dass dasselbe Denkmälermaterial auch aus den Gräbern der in der neuen Hei­mat aufgewachsenen Generation vor der Staatsgründung zum Vorschein kommt, wie aus denen der früheren Generationen. Der Formenschatz der sachlichen Denkmäler des landnehmenden Ungartums — das aus Palmetten Gewobene unendliche Geflecht, stilisierte Pflanzen- und Blumenmuster, die wunderlichen Tiergestalten der orientalischen Welt usw. —wider­spiegeln die charakteristischen Merkmale einer arabischen Kunst, von der der Geist einer auf iranische Urformen zurückgehenden spätsassanidischen Kunst weitergefürht wurde. Seit dem VIII. Jahrhundert wurden von der iranischen Kunst mächtige Ge­biete inspiriert, die Kunst unserer landnehmenden Ungarn schliesst sich an diese uni­verselle Stilrichtung an. 12 Haben wir das oben charakterisierte Niveau der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung vor Augen, so ist anzuerkennen, dass das Ungartum in der Zeit der 12 Dieser Form- und Musterschutz iranisch —kaukasisch —byzantinischen Ursprungs blüht, gewissermassen durch die land nehmenden Ungarn hierherverpflanzt, im Karpatenbecken (vgl. z. B. das über die Herkunft der Motive des Armringes von Bashalom Gesagte [I. Dienes, Sem­Slav a.a.O.]; dann die oben erwähnten Lehren aus den scheibenförmigen Pferdegeschirrbe­schlägen; s. weiter die in dem Katakomben —Friedhof von Zmejskaja gefundenen Säbel, Sättel, Pfer­degeschirr —Bestandteile, Zopfscheiben und andere Denkmäler der Tracht bzw. deren ungarische Parallelen [Archeologiceskije raskopki v rajone Zmejskoj Severnoj Osetii. Materyali po Archeologii i Drevnej lstorii Severnoj Ossetii. I. Ordjonikidze, 1961. Die Arbeit von V. A. Kuznecov]). Im Kreise des Ungartums hat diese reife Kunst tiefe Wurzeln gefasst, sie ist fast zur Volkskunst ge­worden. Hierfür das Zeugnis, dass einfachere Gegenstände nicht nur von den Meistern, sondern auch von Leuten mit ungeübten Händen, also von den Benutzern der Gegenstände mit diesen Moti­ven geschmückt werden. 108

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